römische Reichsstrukturen




Das Imperium Romanum

Der Begriff „Imperium“ bezeichnet eigentlich das „Recht auf Herrschaft“. Nur berechtigte Personen mit „Imperiums-Auftrag" durften Heere kommandieren und Recht sprechen. Das Imperium wurde in einem sakralen Akt übertragen. Symbol des Imperiums war der elfenbeinerne Amtsstuhl (sella curulis). Die Person mit Imperium durfte sich mit Amtsdienern schmücken, die zum Ausdruck der Herrschaft  Rutenbündel (Liktoren) trugen. Außerhalb Roms wurden sie zusätzlich mit Beilen (Fasces) ausgestattet, um den absoluten Herrschaftswillen und die Macht zu demonstrieren.

Das „Imperium“ war also eigentlich eine Amtsübertragung für hoheitliche Aufgaben, ähnlich der Aufnahme ins Beamtenverhältnis in heutiger Zeit. Das „Imperium“, das Herrschaftsrecht, übertrug sich später auf die Person des Kaisers. Der Herrschaftsanspruch Roms über alles andere wurde als „imperium romanum“ bezeichnet, die Überlegenheit und den Herrschaftsanspruch des ganzen römisches Volkes über die Welt als „imperium populi romanum“.

Die Provinz

Der Begriff „Provinz“ oder „provincia“ bezeichnete den Ort, bzw. die Aufgabenstellung des Amtsbereiches. Ein Kommando, ein Eroberungsauftrag, bzw. die dazu gehörige Verwaltungsaufgabe, wurde z. B. als „provincia Macedonia“ übertragen. Später übertrug sich der Begriff auf die eroberten Regionen selbst.

In den Provinzen wurden Provinzlandtage eingerichtet (commune, bzw. concilium) in denen Abgeordnete der Eliten aus den Städten an den Festspielen teilzunehmen hatten. Die Aufgabe war, den Kult des regierenden Kaisers und seiner vergöttlichten Vorgänger auszuführen, natürlich um die Ergebenheit der Führungskräfte aus dem z. B. gallischen Adel zu demonstrieren. Auf diesen Landtagen wurden Amtsträger geehrt, gelegentlich aber auch verurteilt.



Skizze des Landtagstempels in Lyon


In Gallien, in Lyon/Lugdunum, fand der Landtag für alle 3 gallischen Provinzen statt, die eine gewisse „nationale“ Identität unter den eroberten Keltenstämmen wachsen ließ, die es vorher kaum gegeben haben dürfte.

Der Kaiserkult, bzw. die Herrscherverehrung auf dem Landtag (aber auch im kleineren Umfang in den Städten), diente nicht zuletzt dem Wettstreit der lokalen Eliten um Rang und Einfluss. Das Priesteramt im Kaiserkult förderte die Karriere. Dieses Priesteramt war auch Personen zugänglich, die nicht dem römischen Senatoren- oder Ritterrang entsprangen und mit dem sie, trotz nichtadeliger Geburt, ihren Status aufpolieren konnten.



Roma-Altar des Lyoner Landtages

Der Kaiserkult wurde in speziellen Kaisertempeln, in Schreinen, vor Statuen, Büsten, Standarten und Kaiserbildnissen (imago) an öffentlichen Plätzen, in Circus, Arena, Thermen und Gymnasien als Kultstätten, durch Ehrungsbekundungen und Prozessionen der Bevölkerung durchgeführt. Kaiserstatuen und –bildnisse waren rechtlich anerkannte Asylorte.

Falls der Kaiser einmal eine Provinz persönlich besuchte, wurde er mit einem zeremoniellen Empfang (adventus) gewürdigt, der die Civitas natürlich einen Haufen Geld kostete.
In der Spätantike verlor der Kaiserkult im Zuge der Christianisierung an Bedeutung. Es blieben Festspiele, Theater- und Gladiatorenkämpfe übrig.

Das Imperium demonstrierte Macht und Reichtum mit ausgeprägten Prachtbauten, wie z. B. in Köln.
Vieles wurde mit dem Tuff aus Meurin errichtet.


Deutzer Brückenkopf


Kölner Forum




Ubieraltar


militärische Herrschaft

Das Recht eines Kommandeurs, sich „Imperator“ zu nennen, konnte dem Truppenkommandeur nur durch die eigenen Truppen  übertragen werden. Und nur als Imperator hatte der Kommandeur auch das Recht auf einen Triumphzug in Rom. So herrschten sämtliche Kaiser/Imperatoren nur durch den Rückhalt in ihren eigenen Truppen.

Die Privilegien und das Ansehen der Senatoren beruhte auf dem erfolgreichen Dienst für die „res publica“. Vor allem militärischer Erfolg brachte Ruhm und Ansehen (dignitas) und konnte höchste Ämter (honores) verschaffen. Und natürlich auch Gold und Silber für den Truppenführer und seine Soldaen.
Zur Anerkennung der Leistungen wurde die Kriegsbeute verteilt, die Teilnahme am Triumphzug in Rom erteilt und die Veteranen bekamen Landzuteilungen. Erfolgreiche Kriegskommandos erbrachten den Reichtum, um die teure Bewerbung um ein hohes Amt überhaupt finanzieren zu können, da diese Bewerbung mit finanziellen Aufwändungen z. B. für Festspiele, Tempelbauten, öffentliche Gebäude oder Aquädukte verbunden war.

Im römischen Reich wurden Statthalter von senatorischem Rang eingesetzt, die Proconsuln, die vom Senat gewählt wurden.

Als Ausgleich zu den senatorisch gewählten Statthaltern setzten die Kaiser später von ihm selbst ernannte Legaten in kaiserlichen Provinzen ein, den pro praetor.
Es wurde damit eine Zweitelite geschaffen, deren Karriere also allein vom Kaiser in Person abhing und die Senatoren in Rom ausbootete. Unter dem Pro praetor standen der procurator und der praefectus, die meist aus dem Ritterstand (ordo equester) requiriert wurden.
Die Karriere dieser „Beamten“ war einzig vom Kaiser selbst abhängig und die Amtsinhaber standen dem Kaiser loyaler gegenüber als die Senatoren, bzw. die vom römischen Senat ernannten Amtsinhaber. Die vom Kaiser ernannten Posteninhaber erhielten allerdings kein „imperium“ und führten reine Auxiliareinheiten (Kohorten und Alen), die aus der Provinzialbevölkerung rekrutiert wurden.

Ab 250 gab es hauptsächlich kaiserlich (nicht senatorisch) ernannte Provinzstatthalter und Legionskommandeure. Der Stadtsenat Roms wurde in der Peripherie des Reiches praktisch ausgebootet. Finanzverwaltung und Leistungsebene unterstanden DIREKT der kaiserlichen Verwaltung und der städtisch-römische Senatoren“filz“ wurde damit abgedrängt. (Zumindest versuchte man es auf diesem Weg).

Unter Caracalla änderte sich die Gesamtsituation grundsätzlich, weil seit 212 sämtliche Einwohner des römischen Reiches das römische Bürgerrecht erhielten. Vorher gab es die freie, römische Bevölkerung und Sklaven, bzw. nicht gleichberechtigte Bevölkerungen der eroberten Provinzen.

In Gallien wurden städtische Selbstverwaltungseinheiten (civitates) unter Augustus zum Teil neu geschnitten und neue Städte nach Bedarf gegründet.

Starke Sonderreiche spalteten sich während dieser Umstrukturierungsphase ab, z. B. Palmyra unter Königin Zenobia (260-272).


Unter Diokletian und Konstantin I

1. eine neue Steuergesetzgebung

Prinzipiell gab es im römischen Reich zwei Arten von Grund und Boden; einmal das öffentliche Land – ager publicus -  und den privaten Grund und Boden – ex iure Quiritium.
Provinzialland war grundsätzlich römischer Boden, der verpachtet und damit steuerpflichtig wurde. Auch Senatoren mussten in den Provinzen für ihr Privatland steuern zahlen (Später befreiten sie sich aber durch das Innehaben mehrerer wichtiger Entscheidungspositionen und durch Korruption von fast allen Abgaben).

Seit Diokletian gab es eine Kopfsteuer, gestaffelt je nach Alter, Geschlecht und Personenstand, sowie für Handwerker und explizit erwähnt, für Juden.

Sklavenverkaufssteuer (8%)
Freilassungssteuer für Sklaven (10%)
Erbschaftssteuer (10%)
Versteigerungssteuer (2%)
Grundsteuer

Außerdem waren von Senatoren und speziell vom Ritterstand Sach- und Dienstleistungen (Liturgien und Munera) zu erbringen, in Form von Instandhaltung der Straßen, Bereitstellung von Wagen und Zugtieren (vehiculatio) für den militärischen Postdienst, Lieferung von Getreide (annona), Anbieten von Unterkunft für Amtsträger und Soldaten in den Pflichtherbergen (hosptium). Die ritterlichen Nachwuchsamtsträger versuchten deshalb auch möglichst schnell, ein Senatorenamt zu bekommen, um die senatorische Steuerimmunität zu erlangen.

Die Belieferung der militärischen Standorte (annona militaris) mit Getreide, Bekleidung und Tieren erfolgte zu festgesetzten Preisen.

Steuern, Zölle und Großpachten wurden in den Provinzen meist an Pachtunternehmer aus dem Ritterstand versteigert, die sich oft zu Gesellschaften zusammen schlossen, um die Provinzen auszuplündern. Es sollte ja nicht nur die Steuerlast erbracht werden, sondern auch noch ein erklecklicher Gewinn dabei herausspringen, bzw. genügend Geld, um die munera aufbringen zu können. Später versuchte man mit kaiserlichen Prokuratoren die Aufsicht zu übernehmen und übertriebenen Missbrauch zu verhindern. Trotzdem ließ sich die Ausbeutung der Bevölkerung nicht verhindern, da die Statthalter zu Gunsten ihrer adeligen Klientel wegsahen. (Es hat sich halt kaum etwas geändert in 2000 Jahren.)

In der Spätantike wurden die Civitates (Städte) für den direkten Steuerabzug zuständig und zwangsverpflichte Ratsmitglieder (curatores) wurden für den Einzug der Steuern haftbar gemacht. Die versuchten auch die Steuern rücksichtslos einzutreiben, um nicht mit ihrem Privatvermögen haften zu müssen. Um keinen Steuerverlust zu erleiden, aktualisierten die Städte ihre Steuerlisten regelmäßig durch Volkszählungen (Zensus)
Da der Kaiser Personen oder Berufsstände von der Steuer suspendieren konnte, um Macht und Wohlwollen zu demonstrieren, musste deren Steuerausfall vom Rest der Bevölkerung erbracht werden. Da zum Teil ganze Berufsgruppen Steuerimmunität erlangten, musste der Rest schwer bluten. Veteranen waren steuerbefreit, die für die Versorgung des Militärs lebenswichtigen Berufsgenossenschaften und die ehemaligen Reichsamtsträger - also fast alle Senatoren und Ritter, also die komplette Kapitalebene, später auch die christlichen Kleriker.

Zoll (portorium) wurde an Reichs- und Provinzgrenzen, Häfen, Brücken, Furten, Oasen, etc. eingefordert, entweder von Militärposten oder von Zollpächtern, deren unverschämte Forderungen gelegentlich zu äußerstem Missmut in der Bevölkerung führten.

die Salutatio
Eine spezielle Form von Korruption und Vitamin B entwickelte sich schon im alten Rom:
Zwischen einem Senator und einem Nichtaristokraten (plebs/clientela) und zwischen Senatoren unterschiedlichen Ranges, der sich nach Herkunft und Alter, nach bekleideten Ämtern (honores) und Ansehen (auctoritas), den Rang des Senators (dignitas) festlegten, wurde die Beziehung als „Freundschaft“ (amicitia) bezeichnet, in der eine Wohltat (beneficium) erwiesen wurde.
Alles, was nicht durch verwandtschaftliche Beziehungen geregelt werden konnte, wie Schutz für politisch Unterdrückte, Freiheitswunsch von Sklaven, Kreditgewährung, Karriereunterstützung, konnte so gefördert werden. Auf politischer Ebene wurden so zweiseitige Beziehungen geknüpft, wobei der Statthalter später die einflussreichste Person darstellte, die direkten Zugang zum Kaiser hatte oder empfehlen konnte.
Es wurden Empfehlungsschreiben (commendationes) zwischen Patronen ausgetauscht, die um Gefälligkeiten und Freundschaftsleistungen für ihre Schützlinge baten.
Die (provinziale) Aristokratie machte deshalb eine überlicherweise morgendliche Aufwartung (salutatio) bei ihren mächtigen Vermittlern. Die römischen Villen hatten in der Regel einen eigenen Raum in Eingangsnähe, wo die salutatio für Bittsteller zu bestimmten Tageszeiten abgehalten wurden. Oft wurde die Unterstützung durch einen Patron auch einfach erkauft. Es entwickelten sich mafiöse Strukturen.

Die einfache Bevölkerung konnte an Gerichtstagen Bittschriften an den Statthalter abgeben oder sich zur salutatio an einen einflussreichen Menschen wenden und auf das Beste hoffen.

In den Provinzen wurden die Großgrundbesitzer fast automatisch zu Patronen für ihre Arbeiter und ihre colonii/colonatus, ihre Pächter, die durch Steuerschuld an die Scholle gebunden waren. Wenn die Bauern ihre Steuern nicht mehr bezahlen konnten, übertrugen die Bauern ihren Grundbesitz an den Patron und mussten wie Leibeigene oft lebenslang für den Patron schuften, weil sie die Schuldzahlungen nie ganz erwirtschaften konnten.

2. eine neue Aufteilung der Reichsverwaltung

Die Statthalter verloren militärische Führungsaufgaben in der Provinz. Stattdessen wurde eigene Amtsträger mit provinzübergreifenden Kommandos eingesetzt. Z. B. war jetzt der Trierer nicht nur Statthalter in Gallien, sondern auch in Spanien und Afrika.
Wahrscheinlich wurden zu dieser Zeit die Titel „dux“ und „comes“ eingeführt. Die Angehörigkeit zur Senatoren- und ritterebene wurde als alleinige Zugangsberechtigung für hoheitliche Posten aufgegeben.

Zwischen den 4 (später 3) Statthaltern der Provinzen (Proconsul) gab es jetzt ZWEI regionale Verwaltungsinstanzen, einmal die militärische (dux) und die Zivil-/Finanzverwaltung.
Den Gouverneuren blieb meist die Rechtsprechung als Amt und die Aufgabe der Rechtsprechung der Zivilverwaltung.

Es gab jetzt regionale Praetoriuspraefekte und 15 Diözesen unter einem Vicarius. Alle Statthalter mussten den Instanzenweg über den zuständigen Vicar und den Prätoriuspräfekten zum Kaiser nehmen. In den Städten entstanden je nach Größe der Provinz Stadträte (curia/curies) mit 100-500 Officiales im Rat.

Die zivilen Verwaltungaufgaben bezogen sich auf die höhere Gerichtsbarkeit (Richter = index), den Steuereinzug, die Verteilung der öffentlichen Lasten und die Kooperation mit den regionalen (eingeborenen) Eliten.

Die Versorgung des stationierten Heeres musste durch Tribute, Steuern, Zwangsdienste und mit Rekruten bedient werden. Staatsstraßen, die viae publicae, mussten zur schnellen Militärbewegung erweitert, neu gebaut, instandgehalten werden. Sie wurden natürlich auch als alte und neue Wirtschaftsverbindungswege genutzt.


3. eine Aufteilung des Imperiums unter Mitkaiser, um das immer größer gewordene Reich noch regieren zu können

Der Kaiser setzt jetzt einen Zweitkaiser ein, den „augustus“ und ernennt gleichzeitig jeweils 2 potentielle Nachfolger als „caesares“ und weist ihnen Herrschaftsbereiche zu. Konstantin dG schuf in Byzanz 330 sogar eine zweite Hauptstadt für den Ostteil des Reiches – mit dem neuen Namen Constantinopolis.

Konstantin I (der Große) änderte auch die Aufteilung und Zuständigkeiten des Heeres in Limitanei (Grenztruppen) und die mobile Feldarmee, bestehend aus Truppeneinheiten (comiatenses) und der direkten kaiserlichen Begleitung, den Palasttruppen den palatini/Prätorianer.

Soldaten der Grenztruppen rekrutierte man meistens am militärischen Standort aus der Landbevölkerung. In Friedenszeiten beschäftigte man die Soldaten mit zivilen Aufgaben wie z. B. der Herstellung von Ziegeln, dem Straßen- und Brückenbau oder dem Bau von Wasserleitungen und Aquädukten. Für die altgedienten Veteranen wurden in der Anfangszeit ehrenvolle Vertrauensposten geschaffen, bzw. reserviert. Die Soldzahlung (stipendia) erfolgte gesichert. Da die Söhne von Veteranen ins Heer eintreten mussten, wurde der Soldatenstand sozusagen erblich. In der Spätantike mussten die Städte auf Grund von Steuerlisten selbst rekrutiere. Man konnte sich aber vom Militärdienst freikaufen, sofern man dazu in der Lage war. Wegen der anscheinend viel zu vielen Freikäufen wurden in der Spätantike ganze Germanenstämme zum Militärdienst rekrutiert. Die Provinzialbevölkerung musste zumindest übergangsweise 1/3 ihres Wohnraumes für Einquartierungen für diese Einwanderer zur Verfügung stellen, was de facto als Besatzung empfunden wurde.

Als Rom auf Grund von Rivalenkämpfen und Geldmangel an Macht verlor, wurden zudem ganze Barbarenstämme auf Reichsgebiet angesiedelt und zum Militärdienst unter dem jeweiligen Kaiser verpflichtet (foerderati).
Die verpflichteten Barbaren (die auch ihre Familien im Schlapptau hatten) mussten allerdings für sich selbst sorgen und brandschatzten ihr Umland. Die Provinzbevölkerung durfte keine Waffen besitzen oder tragen und war deshalb den Barbarenbanden hilflos ausgeliefert. Dadurch ergab sich praktisch ein kompletter Steuerausfall in Gallien. Da die Senatoren, als Besitzer von 99% Grundbesitz und Kapital praktisch keine Abgaben zu zahlen hatten und dies freiwillig auch in Krisenzeiten nicht taten, war am Ende dadurch die Bezahlung der regulären Truppen nicht mehr möglich.