Das keltische Fürstinenngrab
von Reinheim Entdeckt wurden die außergewöhnlichen Reste in einem Sand- und Kiesgruben-Abbau 1954, als dem Betreiber ein kleines Bronzefigürchen auffiel, das sich später als der Rest eines Bronzespiegels herausstellte. Während der folgenden Ausgrabung im Bereich des heutigen, rekonstruierten Grabhügels A fand man die Überreste des Fürstinnengrabes. Die Grabkammer war 3,50m x mind. 2,70m x 0,90m groß und bestand aus Eichenhölzern. Auf Grund der Lage des gefundenen Arm- und Halsschmuckes (die Knochen sind im aggressiven Sandboden vergangen) konnte man darauf schließen, dass die Bestattete mit dem Kopf nach Norden beigesetzt wurde.
Um die
Grabkammer war ein Grabhügel von 23m Durchmesser und
4,70m Höhe errichtet worden; am Rand des Hügels
verlief ein 60 cm breiter und 40 cm tiefer
Kreisgraben. Der rekonstruierte Hügel gibt heute
genauen Aufschluss über das Aussehen der Anlage.
Bereits 1952 war man im Bereich des heutigen Hügels B auf das Skelett eines 45-55-jährigen Mannes gestoßen, mit Grabbeigaben, deren Datierung in die Spät- hallstatt-/Spätlatènezeit verweist. Der zugehörige Hügel war im Durchmesser 22 m, die Höhe 4,40 m, ebenfalls mit einem Kreisgraben von 60 cm breite und 40 cm Tiefe umgeben. In einer Nachuntersuchung zwischen 1955-1957 stieß man auf die Reste eines weiteren Grabhügels, der damals deutlich größer gewesen sein muss, der ein Brandgrab und Skelettreste von mindestens drei oder vier Personen aus der Späthallstattperiode enthielt. Den Untersuchungen nach muss dieser Hügel der älteste der drei gewesen sein. Da er aber schon in römischer Zeit größtenteils verfallen war, hatte man fünf Kalkbrennöfen an dieser Stelle errichet. Die drei Grabhügel muss man im Zusammenhang sehen mit dem weitläufigen Bestattungsareal, das den Bergvorsprung „Homerich“ umgibt. Die Ausgrabungen der letzten Jahre bestätigen Bestattungen seit 1200 vChr bis ins 5. Jahrhunder nChr. und damit gleichzeitig eine kontinuerliche Besiedlung der Region Reinheim-Bliesbrück. Auf dem Homerich selbst ist eine vorgeschichtliche Besiedlung und ein römerzeitlicher Kultplatz belegt. Wahrscheinlich bezeugt die Fundlage einen der vielen Fürstensitze auf Bergspornen, die wichtige Straßenkreuzungen, Furten und strategische Lagen bewachten (Die Römer bezeichneten sie als „Oppidum“). Sie waren die Zentren der keltischen Kultur, Verwaltungs- und Handelsmittelpunkt, Ort der Gerichtsbarkeit, Zentrum der Religion. Noch im Mittelalter wurde über die sogenannte „Duser Straße“ – nämlich die Salzroute aus Lothringen/Marsal in die Pfalz - eben dieses Salz gehandelt. Aller Wahrscheinlichkeit wurde die Route schon seit Äonen genutzt, da sie eine der wenigen Anbindungen an Salzvorkommen auf dem europäischen Festland darstellt. Die Quelle des Salzes ist das Seille-Tal, wo im Bereich von Marsal das Salz schon seit Ewigkeiten aus dem Fluss gesiedet wird. (siehe Seite Marsal). Am Beispiel von Reinheim-Bliesbrück zeigt sich das Netz der ibero-keltisch-gallischen Kultur- und Handelwege, dass sich von der Nord- und Ostsee über Land- und Flusswege bis zum Mittelmeer und Südspanien, aber auch über Weichsel und Donau bis zum Schwarzen Meer und dem Orient knüpfte. Überall thronten die Höhenburgen auf den strategischen Bergspornen, sorgten für die Sicherheit des Handels und der Handelswege, zogen aber auch Zölle und Steuern ein. Als die Römer
Gallien eroberten, stießen sie nicht in unentwickeltes
und unkultiviertes Land, sondern auf eine Jahrtausende
alte Zivilisation, die sie mit Waffengewalt einnahmen.
Erfolgreich nicht zuletzt deshalb, weil sich die
keltischen Stämme und „Häuptlinge“ oft und gerne
bekriegten und sich nicht zu einer Einheit gegen die
Römer zusammenfinden konnten. Indem sie
neben den römischen Göttern weiter ihre alten
Gottheiten verehrten, blieben sie ihren keltischen
Traditionen verbunden. Die dadurch entstandene
gallorömische Kultur hinterließ zahlreiche Spuren im
Land an der Blies, von denen die kleinstädtische
Ansiedlung in Bliesbruck (vicus) und die Villenanlage
von Reinheim zu den bedeutendsten gehören. In Reinheim
– also auf deutscher Seite der Blies – findet man die
Grabhügel, das Museum, in dem die Grabbbeigaben
ausgestellt sind und gleich daneben das riesige Areal
der Reste einer Römervilla, deren Grundmauern man
rekonstruiert hat. Wer sich solch eine Villa mal in
voller Rekonstruktion ansehen will, der fahre mal nach
Borg/Saarland (siehe Seite Borg). |
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Die Villa Reinheim ist eine der größten, die im südwestdeutschen/lothringischen Raum gefunden wurde. Das Gesamtareal ist ca. 7000 qm groß und gliedert sich – wie alle größeren Villenanlagen – in einen herrschaftlichen Wohnbereich (pars urbana) und einen – vor allem landwirtschaftlichen – Wirtschaftsbereich (pars rustica), mit jeweils mehreren Gebäuden, Ställen, Scheunen, etc. Der große Betrieb wird auch maßgeblich die Entwicklung des römischen Vicus in Bliesbrück beeinflusst haben. Gesamtplan mit den Nebengebäuden rechts und links desGutshofgeländes Der älteste Teil der Villa entstand um ca. 75 nChr und erlebte ihre Blüte im 2. und frühen 3. JHnC. Wahrscheinlich übten die hochherrschaftlichen Besitzer auch öffentliche Ämter aus und zwar als Vertreter der sich selbstverwaltenden Gebietskörperschaft der Mediomatriker mit Hauptsitz in der civitas Metz/Divodurum mediomatricorum. Die Villa hat
einen H-förmigen Grundriss, misst 80x62m. Auch hier
fand man ein Wasserbecken von 40 m Länge aus hellen
Kalksteinplatten, also zu dekorativen Zwecken und zur
Verschönerung und Bewässerung der sich anschließenden
Ziergärten. Natürlich fanden sich auch in dieser Villa
Reste der Fußbodenheizung, einer Badeanlage,
Estrichböden und bemalte Wände.
Das
landwirtschaftliche Gelände vor der Villa war ca.
300x135m groß, war komplett ummauert und enthielt an
den Längsseiten jeweils sechs Gebäude. Die Gebäude
waren sogar größtenteils von genormten Maßen 11x8,40
m, also rund 100 qm groß. Die in der Umfassungsmauer
eingefügten 2,30 m breiten Toreinfahrten lassen eine
landwirtschaftliche Nutzung als Speicher- und
Lagergebäude vermuten. Eines der Nebengebäude (B8) fällt aus dem Raster, es ist 22x9,50m groß, also rund 200 qm, ist teilweise mit Fußbodenheizung versehen, es fanden sich auch Reste von bemaltem Putz und Teile von Sandsteinsäulen. Man interpretiert dieses Gebäude als Haus des Gutsverwalters (villicus). Die Aufsicht und Organisation eines großen Betriebes legte man schon immer gerne in die Hände eines Fachmannes und genoss selbst das Leben der vermögenden Oberschicht. Beendet wurde die Blütephase (wie überall in Nordostgallien), durch die Gemaneneinfälle. Ab 275 nChr. dienen fast alle Nebengeäude der Unterbringung diverser Metallwerkstätten und deren Schmieden und Brennöfen. Um 350 nach Chr geht die Anlage in wiederholten Germaneneinfällen, aber auch Bürgerkriegen (zwischen den Söhnen Konstantins d. Großen vor allem) in einem Brand unter. Ein recht seltener Fund ist die römische Reitermaske, die man bei einem Nebengebäude gefunden hat. Sie datiert aus dem 1. JHnChr. In dieser Zeit waren die Maskenhelme auch noch aus dickeren Metallstärken geschmiedet und könnten deshalb (im Gegensatz zu den späteren dünneren Repräsentiationsstücken) auch tatsächlich im Kampf Verwendung gefunden haben. Die Villa in
Reinheim, die mit ihrer Ausdehnung über 6 bis 7 Hektar
wahrscheinlich einem notablen Großgrund-besitzer als
Herrschaftssitz diente, ist streng nach Achsen
gegliedert. Der Herrschaftssitz, das Herrenhaus und
ein von einer Mauer umfasster Hof sind voneinander
getrennt. Die verschiedenen Gebäude stützen sich in
regelmäßigen Abständen auf die Hofmauer. Die Residenz
besteht aus einem zentralen Gebäudekörper, der
senkrecht zur Hauptgebäudeachse ausgerichtet ist. Er
wird von zwei Flügeln flankiert, die untereinander
durch Säulenhallen oder Galerien verbunden sind.
Anfangs wurde der Gebäudekörper entlang der
flussseitigen Fassade von einem 40 m langen und 3 m
breiten Becken gesäumt. Die Thermen liegen im
nördlichen Teil des Westflügels. Mit Ausnahme eines
Gebäudes westlich in der Nähe der Residenz sind alle
Häuser im Hof klein mit nur einem Zimmer im
Erdgeschoss. Ein kleines Bauwerk, das als
Eingangsportal gedient haben mag, durchbricht die
Umfassungsmauer nach Süden hin. Es öffnet sich zu
einem von der Hauptachse kommenden Steinweg hin, führt
um die Villa herum und dann zur Blies, wo es alten
Quellen zufolge eine Furt gegeben haben muss. Was wohl
auch den Standort von Villa und Vicus erklärt.
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Brunnenschacht
Praefurnium
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Vicus
Bliesbrück Nach der Eroberung durch die Römer wird das Tal tiefgreifend verändert. Nach und nach entsteht um die Achse der heute noch bestehenden Straße herum eine kleine Stadt. Ihre größte Ausdehnung erreicht sie im zweiten und dritten Jahrhundert n.Chr. In dieser Zeit erstreckt sich der Siedlungskern über etwa zwanzig Hektar. Um 40-50 nChr
entstanden hier die Handwerker- und Wohnhäuser
nach römischer Bauart an der im Jahr 2004
umgeleiteten – damals wie heute – Hauptstraße des
Vicus. Die Ansiedlung erstreckte sich mit den
üblichen Streifernhäusern über rund 800 m Länge
links und rechts der Straße. Die Streifenhäuser
stehen mit ihrer Schmalseite zur Straße, davor
verläuft der überdachte Bürgersteig. Ein Rohrleitungsnetz zu
den Frischwasserbrunnen, aus Baumstämmen vor den
Häusern verlegt, sorgte für Trinkwasser; es
existierte aber auch ein zusammenhängendes
Leitungssystem für die Ableitung des Regenwassers
und der Abwässer. Beiderseits der Hauptachse wurden Handwerker- und kaufmännische Viertel angesiedelt. Sie bestanden hauptsächlich aus rechtwinkligen Bauten, die durch einen an der Schmalseite zum Weg hin geöffneten Säulengang gesäumt werden. Sie bilden eine bauliche Einheit aus handwerklich genutzten Räumen, Wohnräumen und Aufenthaltsräumen, die sich in Höfen mit Anbindung an Nebengebäude, Brunnen und Latrinenanlage fortsetzen. |
Handwerker/Ladengeschäfte Bliesbrück
Keller |
Im Parterre befindet sich meistens Verkaufs- und Handelsräume, denen sich nach hinten eine Werkstatt, oft mit Feuerstelle oder Ofen anschließt, dahinter oft auch darüber, die Wohnräume. Hinter den Gebäuden schließen sich Kleingärten mit Brunnen an, wo Kleinvieh gehalten wurde, auch Latrinen und Abfallgruben. Die Grundstücks- parzellen hatten eine Größe zwischen 150 und 270 qm, mit Obergeschossen fast das Doppelte.
Die Ausgrabungen konnten nachweisen: Eisen- und Bronzeschmiede, Beinschnitzerei, Fleischer, Bäcker, Müller. Dieses öffentliche Zentrum und die strenge Gliederung der von Säulenhallen gesäumten und mit allem städtischen Komfort ausgestatteten Viertel belegen, dass diese Siedlung wirklich eine echte Stadt war. Zahlreiche archäologische Funde, auch von hochwertigen Gegenständen des täglichen Lebens, wertvollen Gegenständen und Abfällen, die bezeugen, dass importierte exotische Produkte konsumiert wurden, legen Zeugnis für den Wohlstand und das kulturelle Niveau dieser Handwerker und Kaufleute ab. Sie nutzten die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Zeit zu ihren Gunsten, lebten aber nach den Werten der römischen Zivilisation. |
Ladenzeilen direkt vor dem Thermengebäude
Bliesbrueck Backöfen/Bäckerei
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Bis
zu den Germaneneinfällen konnten sich die
Handwerker, Händler und Bewohner an Thermen, an
einem Nymphaeum (monumentale Brunnenanlage) und
einem basilikaartigen Gebäude (eine Art
Gemeindehalle) erfreuen. Die
Thermen waren an einem parallel zur Hauptstraße
gelegenen Verkehrsweg gelegen. Diese öffentlichen
Thermen sind in einen Gebäudekomplex eingebunden, an
den sich wiederum zwei Ladenflügel -ebenfalls mit
Säulengang - anschließen. Diese stadttypische
Gebäudefront öffnete sich sicherlich zu einem Platz
hin. Bei Erkundungsarbeiten aus der Luft und
geophysischen Untersuchungen wurden dort bereits
weitere öffentliche Gebäude entdeckt. Während
der Germaneneinfälle endete die Funktion der
Thermen, man stellt einen Verlust von Wohnquantität
und –qualität fest. Die Bürgerkriegsära um 350 nChr
setzte der Blüte des Ortes ein endgültiges Ende und
die römische Besiedlung endet Mitte des 5.
Jahrhunderts ganz.
Piscina mit wasserdichtem Estrich und Wandbemalung |
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Nach
der Machtübernahme der Westgoten lassen sich im um
600 nChr fränkische Siedler im Bliesgau nieder und
gründen Siedlungen, aus denen die heutigen Dörfer
der Region entstanden. Das Eurpaparkzentrum auf deutscher Seite an der Blies zeigt Funde von deutscher Seite. Da aber ein Großteil von Vicus und keltischer Höhensiedlung auf französischer Seite liegt, fand ich den französische Besucherzentrum und seine Ausstellung interessanter. Der
Eurpapark zeigt heutzutage auch, dass es damals
keine kleineuropäischen Binnengrenzen gab.
Heutzutage überschreitet man die
deutsch-französische Grenze innerhalb des Parkes
zwischen Reinheim und Bliesbrück ohne es zu
bemerken. Man bemerkt es dann allerdings schnell im
französischen Besucherzentrum, wo man auch viel
archäologische Fachliteratur findet, allerdings dann
auch nur auf Französisch. Die vielen
Ausstellungsstücke sind in deutsch und französisch
beschrieben. |
Hier folgt
nun ein Querschnitt durch die Funde. Viele im Museum
von Bliesbrück ausgestellten Dinge fallen unter die
Kathegorie "Religion und Kult" und werden auf einer
separaten Seite "Religion" vorgestellt. |