Vicus Belginum
Die genaue Lage Belginums ist in
spätantiken
Strassenkarten verzeichnet und durch den Fund einer
steinernen Weiheinschrift vor Ort an die
keltisch-römische Göttin Epona bekannt:
Während der römischen Landnahme
wurde um 50 n. Chr. hier ein Kastell installiert, wohl
um die Eroberung Galliens bis zum Rhein zu decken. Wie
lange das Kastell bestand und wie es belegt war, ließ
sich wegen der starken Erosion im Fundgebiet nicht mehr
ermitteln. An der Wegkreuzung entstand ein römischer
Vicus, der sich etwa 500 m lang die Straße entlang zog.
Wie eigentlich alle Vici waren
die Häuser auf Steinfundamenten
errichtet, mit Lehmfachwerk aufgebaut und verputzt, ca.
8-12 m breit zur Straße hin ausgerichtet und etwa 30-40
m lang. Im Erdgeschoss befanden sich die Werkstätten,
Kaufläden und Lagerräume, im ersten Stock die Wohnräume.
An der stark genutzten
Hauptstraße entstanden Herbergen, Tavernen und
Handwerksbetriebe, Handel und Wandel. Wagner, Tischler,
Zimmerleute boten ihre Waren und Reparaturdienste an. An
Markttagen war der Vicus Belginum sicher die Zentrale
des regionalen Handels für das bäuerliche Hinterland. Wahrscheinlich gab es vor Ort einen Militärposten (Benefiziarstation), der den Ort absicherte und den militärischen Postverkehr betrieb. Auf jeden Fall war der Ort DER Kreuzungspunkt zwischen Mainz, Trier und Köln, der die Möglichkeit zur Übernachtung und zum Pferdewechsel bot. Wie wichtig er war, wird dadurch deutlich, dass der Ort auf der so genannten Tabula Peutingeriana, einer mittelalterlichen Kopie einer römischen Straßenkarte, verzeichnet ist. In horem domus divinae Zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses Belginum war wohl durch Militär
besetzt, um den Militärpostverkehr und die
Truppenversorgung und -bewegungen abzusichern. Im
nordöstlichen Straßenbereich war Belginum wahrscheinlich
bis Ende des 4. Jh. in 2-3 Häusern weiter bewohnt. Man
kann sich vorstellen, dass diese vielleicht 20-50
Bewohner unter der Deckung einer Benefiziarstation
weiter ihrer Landwirtschaft und Viehzucht nachgingen. Ab 275 beginnen die Überfälle und Verwüstungen durch Germanen. Gegen 350 n. Chr. bricht die Belegung des Belginum-Friedhofes ab. Die meisten Einwohner sind wohl ermordet worden oder haben ihre zerstörten Höfe aufgegeben und sind in die gesicherten Orte abgewandert. Eine villa rustica wurde in Wederath Hinterm-Klop gefunden, weitere in Horath und Weitersbach, etwas nördlich der Siedlung. Es lassen sich aber noch einzelne Besiedlungsspuren späterer Zeit in zwei Fundstellen des Vicus finden. Der westliche Tempelbezirk wurde - den Funden nach – ebenfalls noch besucht, so dass man annehmen kann, dass auch nach der Katastrophenzeit ab 275 n Chr. noch einige standhafte Familien hier ihr Auskommen gefunden haben. Wie wichtig und besucht der Ort
gewesen sein muss, bezeugen die vier Tempelbezirke
westlich und östlich des Vicusrandes, in denen die
Einwohner und Reisenden ihre Opfergaben und Gebete an
Weihealtären und Brandopferstätten loswerden konnten.
Und im westlichen Teil, nahe des Tempelbezirkes 2, der
auch ein Kulttheater mit Bühne beinhaltete, ist eine
Nutzung bis Ende des 4. Jahrhunderts nachgewiesen. Es
gab insgesamt 4 Tempelbezirke, 3 am westlichen, 1 am
östlichen Ende des Vicus. Die Tempelbauten waren schon
zum Ende des 3. Jahrhunderts zerstört, wahrscheinlich
durch die Germaneneinfälle ab 275 n Chr. Dennoch wurden
die Orte aufgesucht und weiter dort geopfert. Entgegen der gerne postulierten
Meinung der katholischen Kirche war die Landbevölkerung
bis weit ins 5. Jahrhundert (wahrscheinlich sogar bis
ins 8. JH) nicht durchgehend christianisiert. Die
Bevölkerung hielt überwiegend an ihren
keltisch-römischen Götterkombinationen und Kulten fest,
die die Verehrung von Naturgottheiten an Quellen und
Gewässern, Felsformationen, Bäumen und anderen
auffälligen Landmarken beinhaltete. Epona, Merkur und
Rosmertha wurden, u. a. , wahrscheinlich als Beschützer
von Handel, Wandel und Reisenden hier verehrt. Fund einer Venusstatue in der Nähe bei Hitzerath.
Die Fernstrasse führt
mitten durch die Nekropole: Am Gräberfeld 500 m östlich der Siedlung („extra muros“ = außerhalb des Mauern des Vicus) an der B327 lässt sich allerdings erkennen, dass die Christianisierung langsam fortschritt. Denn ab dem 4. Jahrhundert gab es keine Brandbestattungen mehr, sondern Körpergräber.
Die
Eitelkeit bis ins Grab: Klappbronzespiegel
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Aussicht vom Belginum-Museum über den Hunsrück Richtung Mosel Ausgrabungsplan Übersichtsplan mit vergrößertem Tempelbezirk Rekonstruktionszeichung der Hauptstraße Tempelbezirk und rechts die Rundung des Theaters Hausgrundriss Rekonstruktionszeichung vom Heiligtum in Hochscheid Der
keltisch-römische Friedhof von Belginum wurde zwischen
dem 6. JHvC bis ins 4. JHnC genutzt, also über 1000
Jahre. 2500 Gräber sind bislang auf 4,5 ha bekannt.
Durch den langen Nutzungszeitraum ergibt sich ein
Einblick in die unterschiedlichen Bestattungsformen
und den Wandel von keltischen zu römischen
Begräbnisritualen. Die Blütezeit, der wirtschaftliche
und kulturelle Wandel und die Änderungen in den
religiösen Vorstellungen zeigen sich über die Art der
Bestattungen und die Grabbeigaben.
Grabbeigaben aus einem keltischen Kriegergrab aus dem 2. JHvC An dem
94 cm langen Schwert wurden die Lanzenspitze und das
Messer, wohl aus rituellen Gründen, unbrauchbar
gemacht und der Schildbuckel zerhackt. Die Ringe
gehören zum Schwertgehänge. Die Kette einer
Kesselaufhängung sind wohl ein Hinweis auf das
Festgelage, das zum Ritual einer Bestattung gehörte.
(94 cm Schwert... da muss jemand wohl ein Kräftevermögen wie Conan der Barbar gehabt haben, um ein fast 1 m langes und so ca. 20 Kg schweres Schwert im Kampf bewegen zu können. Ich erinnere mich da an Dolph Lundgren, der bei den Dreharbeiten zu "He-Man" trotz fast 2 m Körpergröße und 127 Kg muskulösem Kampfgewicht erhebliche Mühe hatte, solch ein Schwert zu bewegen.)
Grabbeigabe einer Frau: Kette aus tiefblauen
Glasperlen, aufgereiht auf Schafswollzwirn. In den
Grabbeigaben fanden sich auch ein violettes
Glasarmband und Ringe.
In den Grabbeigaben eines älteren Mannes, dessen Leichenbrand in einer Urne bestattet wurde, fanden sich folgende Beigaben: Rasiermesser in einem Stoffetui, Schere, und Messerchen, Schöpfkelle und Fleischspieß, eine schwarze Flasche, die auf einer Drehscheibe getöpfert wurde. Keine Waffenbeigaben. In Belginum sind in keltischen und römischen Urnengräbern zahlreiche Mühlsteinreste aus Mayener Basalt in den Grabgärten gefunden worden. Im griechischen Totenritual wurde Mehl vermahlen. Und die Kelten und Römer verstreuten Getreidekörner während einer Einäscherung. Waren Getreide, Mehl und Mahlen Teil eines Fruchtbarkeitskultes oder Wiederauferstehungsrituales? |
Bild- und
Textnachweis: sämtliche Fotos sind entweder im Museum
Belginum von mir fotografiert oder aus der Dokumentation
von Cordie/Teegen "Belginum und der ländliche Raum in
der Spätantike" oder "Schriften des Archäologieparks
Belginum Nr. 4" entnommen worden. . |
Diese Seite soll als Werbung für das Belginum-Museum verstanden werden, das unbedingt einen Besuch wert ist. |