Im Zuge meiner Recherchen haben sich mir
Fragen nach den in der Antike verwendeten Rohstoffen und
deren Verarbeitung gestellt. Vor allem die
Herstellungsprozesse von Produkten aus Hanf, Flachs und
Wolle haben mein Interesse gefunden, weil deren
Herstellungsprozesse in unserer hoch industrialisierten
Gesellschaft von kaum einem Menschen mehr beherrscht
werden. Bis zur Neuzeit und der Erfindung von
Kunstfasern waren gerade diese drei Rohstoffe die Säulen
sämtlicher Faserwaren, vom Seil bis zum Kleidungsstück.
Ich habe nur ganz wenige Bücher über die Bibliotheken
auffinden können, in denen die alten Anbauverfahren, die
Fasergewinnung und die Verarbeitung beschrieben waren. Abbildung
des gallischen Vallus (Mähmaschine)
Auf einer Wagenachse ist zwischen den Rädern ein flacher, muldenförmiger Kasten befestigt, dessen unter Kante mit Zähnen versehen ist. Über eine gegenüber angebrachten zweifachen Deichsel wird der Kasten von einem Maultier ziehend nach vorne bewegt. Ein dahinter laufender Mann kann mit der Deichsel die Richtung und Höhe der Kastenunterkante über dem Boden bestimmen. Das Gerät ist so bei Plinius beschrieben. Auf jeden Fall waren die Menschen damals wohl vom Anfang bis zum Ende des Tageslichtes damit beschäftigt, aus den diversen Rohmaterialien die Zwischen- und Endprodukte herzustellen. Erst wenn man sich den Zeitaufwand für die Prozesse bewusst macht - die heutzutage maschinell vergleichweise in Lichtgeschwindigkeit ablaufen - ist einem auch bald klar, dass praktisch jeder, der seine Hände benutzen konnte, auch "24" Stunden am Tag beschäftigt war. Und dass Seuchen und Hungernöte, die zu vielen Todesfällen führten, einen drastischen Mangel an Rohstoffen, Arbeitskräften und Waren zur Folge hatte, unter der die gesamte Wirtschaftslage dramatisch leiden musste. Wenn man liest, wie viele einzelne Arbeitsgänge, denen auch jeweils ein eigener Berufsstand zugeordnet war, zu erledigen waren, weiss man auch, warum die Industrialisierung und Maschinisierung ab dem 19. Jahrhundert die Arbeitslosigkeit praktisch "erfunden" hat. |
HANF Ursprung Zentralasien (Schwarzmeerkultur?) Die bis jetzt ältesten Funde von Hanf stammen aus Eisenberg in Deutschland und sind 5500 Jahre alt. Hanf verträgt Spätfröste bis -6 Grad. Aussaat je nach Region von Mitte März bis Mitte Mai. Nordfrankreich und Deutschland eher Anfang Mai. Organische Düngung mit Mist oder Gülle in der Wachstumsphase. Windbestäubung. Es gibt zwei Grundvariationen, nämlich Cannabis sativa (als Faserhanf genutzt) und Cannabis indica (der medizinische Hanf). Hanf wurzelt bis in 1,40m Tiefe, lockert dabei den Boden auf und führt ihm Nährstoffe zu, die andere Pflanzen verbrauchen. Hanf bereitet den Boden also gut für Nahrungspflanzen vor, die im nächstern Jahr angebaut werden sollen.Hanf wuchs, den Angaben meiner Großeltern nach, früher in jedem Garten, bis er durch diverse Edikte verboten wurde. Dass es auch Indica-Sorten gewesen sein müssen, schließe ich daraus, dass man - der Erzählung nach - auch früher schon getrocknete Blüten auf der heißen Herdplatte verräuchert hat, um damit gegen Erkältungskrankheiten und Schmerzen vorzugehen. Besonders bei schweren Geburten wurde Hanf als Entspannungs- und Schmerzmittel eingesetzt. Selbst die alten indischen Texte beschreiben, dass "solange man genügend Ganja vorrätig hat, niemand Angst vor Asthma haben müsse". Jaaa, und so ist es. Eine Marihuanazigarette
bzw. verdampft im Vaporizer oder 15 mg THC oral
entsprechen in ihrer Wirkung hinsichtlich der
bronchienerweiternden Wirkung etwa der therapeutischen
Dosis bekannter Asthmamittel wie Salbutamol.
Langzeitwirkdauer: ca. 24 Stunden. Wirksam
insbesonders bei allergischem Asthma und anderen
Allergien (Heuschnupfen, Tierhaarallergie) zur
Linderung der Symptome. Kein Mensch hat sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts bei der Hanfanwendung irgendwelche Sorgen gemacht - und hatte auch keinen Grund dazu. Erst, als die großen Pharmakonzerne anfingen, Aspirin und andere Schmerzmittel zu produzieren und zu vermarkten, konnten sie die Regierungen, vor allem in USA und in Europa, dazu bewegen, die Hanfnutzung zu verteufeln und Anbau und Verwendung mit Strafen zu belegen. Und schwupps - war die 10000 Jahre lang gratis nutzbare Konkurrenz aus dem Feld geräumt. Nicht nur die Pharmaindustrie hatte durch die Verbote ihren Vorteil. Mit der Herstellung von Kunstfasern hatte auch die chemische Industrie ein Interesse daran, den Hanf zu verdrängen. Erst in den letzten Jahren hat sich die Anbaufläche - nach immer wieder mächtigen Zirkus bei der Genehmigung der Anbauflächen - für THC-losen Faserhanf wohlgemerkt - wieder vergrößert. Denn die Produktpalette von Hanf ist groß und die ganze Pflanze wurde - zumindest früher - restlos genutzt. |
hanffaser.de Hier findet man so ziemlich alle Infos über die Geschichte, Verarbeitung und Gegenwart des Hanfs. |
Verarbeitung Männliche
Pflanzen wachsen schneller und blühen früher,
überragen deshalb die weiblichen Pflanzen. Nach der
Blüte können sie deshalb auch ausgerupft werden,
während sich die weiblichen Pflanzen weiterentwickeln
können. Das nennt man "fimmeln". Bei Indica-Sorten wird man die männlichen Pflanzen aussortieren, bevor sie die weiblichen Pflanzen bestäuben können. Denn man möchte keine Samen, sondern nur die weiblichen Blüten mit dem Harz ernten. Faserhanfernte Ende August. Die über 3m langen Stengel werden mit Sichel oder Sense geerntet oder gerauft.
Trocknen der Hanfgarben nach der Röste Um die Dunkelfärbung durch die
Tauröste zu vermeiden, wird man auch wie beim Flachs
das Warmwasseröst-verfahren genutzt haben, wenn man
helle Fasern bekommen wollte und das funktioniert
so: Die ausgedroschenen und entblätterten
Stengel werden in Warmwasserbecken (Holzbottiche,
gemauerte Becken) (28-30 Grad) eingelegt. Die Bottiche
werden durch Schiebedeckel hermetisch abgeschlossen,
um Wärmeverlust zu vermeiden. Nach ca. 30 Std. haben
die Bakterien ihre Zersetzungstätigkeit vollendet. Ist der Hanfstengel unterröstet,
lassen sich die Fasern schwer vom Holz trennen, die
Faser wird später spröde und weniger geschmeidig. Bei
Überröstung nimmt die Fasermenge und –festigkeit ab.
Dann wird das Wasser aus den Bottichen abgelassen und
Stengel zum Trocknen aufgestellt. Es sollte ein Trocknungsgrad von
mindestens 86 % erreicht werden, sonst besteht die
Gefahr einer Nachröste, die die Faser dunkel verfärbt
(das könnte aber auch gewollt sein, um verschiedene
Farbtöne zu bekommen). Danach wurden die Stängel in
riesigen Scheunen zum Trocknen eingefahren. Die
Stängel werden entsamt. Im Winter werden die Garben
und die Stängel weiterverarbeitet. Hanfbrechen Das nachfolgende Schwingen durch und produziert den Schwingwerg. Die Bastfasern sind nach dem Schwingen oft noch recht steif und grob. Deshalb setzt man noch mal einen Weichprozess nach. Dann werden die Fasern, die beachtliche Längen bis zu Metern erreichen können, auf brauchbare 1-1,5 m geschnitten und mehrfach über eiserne Kämmbretter, einmal von der Wurzelseite her, dann von der Kopfseite her, bis alle kurzen Fasern ausgekämmt und die gewünschten langen, seidig-blonden Hanffasern schön ausgerichtet sind.
Bei der
Faserproduktion entsteht ca. 30-40 % hochwertige lange
Faser (Hechelhanf), 55-65% Hechelwerg (kurze Fasern)
und 3-5 % Abfall. Endprodukte: Bei der Faserproduktion entsteht ca. 30-40 % hochwertige lange Faser (Hechelhanf), 55-65% Hechelwerg (kurze Fasern) und 3-5 % Abfall. Der Werg wurde bis in die Neuzeit als Dämmmaterial und Dichtungsmittel (z. B. an Wasserhähnen, Wänden und im Schiffsbau) verwendet. Die holzigen Schäben dienen als Brennmaterial, als Dämmmaterial, als Zuschlag zu Fachwerklehm oder Lehmziegeln, für Viehstreu. Die Fasern wurden zu Bindfäden, Schnüren, Leinen, Seilen, Säcken, Kordeln, Netzen, Gurten und Taue, Zeltbahnen, Takelage, Segeltücher, Teppiche, Gebrauchswäsche und Kleidung verarbeitet. Es gibt so fein gewebte Hanfstoffe, dass sie in Aussehen und Qualität mit Seide konkurrieren können. feinster Hanf-Webstoff Aus den vorgeschroteten Samennüssen lässt sich im Kaltpressverfahren hochwertiges Hanföl pressen, das als Speiseöl und Öl für Kosmetika verwendet wird. Es enthält viel hochwertige Linolensäure (ähnlich Leinöl) und Omega 3 und Omega-6 im OPTIMALEN Verhältnis. Natürlich kann man es kaltgepresst verwenden, aber es hat halt diesen starken, bitteren Geschmack. Für die Verwendung als Speiseöl sollte das Öl vorher gekocht werden, um den bitteren Geschmack zu vertreiben. Die Verwendung des Pressrückständes als Viehfutter ist wegen der Bitterstoffe stark begrenzt. Berüchtigter Schmarotzerpflanzen-Schädling ist der Hanfwürger/Gegenmaßnahme Saatgutreinigung |
Flachs/Lein (linum usitatissimum = sehr nützlich) |
Flachs wird
wie der Hanf seit Beginn des Ackerbaues angepflanzt,
seit 6000-10000 Jahren. Die ersten Datierungen für
Gewebe aus Hanf ist 8000-7000 v. Chr. Seit 4000 v. Chr. schon in Persien/ Ägypten verbreitet (Ursprungskultur schwarzes Meer?). Es gibt verschiedene Arten, die in den subtropischen bis in die gemäßigten Breiten angebaut werden, davon überwiegend der Faserlein. Der Flachs dient wie der Hanf als Rohstoff für Fasern, Öl und Samen. Der älteste Fund von Leinen stammen aus Ägypten, 5500 Jahre alt; in Europa Funde in den Horizonten der Bandkeramiker (ab 5300 v. Chr.) Starker Flachsanbau im mittelalterlichen Deutschland, Handel mit Flachs- und Leinenerzeugnissen. Flachsdiebstahl vom Feld wurde hart bestraft. |
Anbau Saat Ende März/April, Blütezeit Juni-August, Blüte hellblau mit dunkler Äderung Öllein wird nach 110-120 Tagen geerntet und ergibt ca. 1,8-3 Tonnen Leinsaat/Hektar danach 6 Jahre lang kein Anbau von Flachs auf dem selben Feld |
Ernte Faserlein wird beidhändig mit den Wurzelansatz ausgerauft, um die volle Faserlänge zu bekommen, in Büscheln (wahrscheinlich mit einem Halm gebunden) 24 Std auf dem Feld gelagert, bis er „steifhalmig“ ist und in senkrechten Büschelburgen zusammenstellt wird. 12-20 Tage muss er austrocknen. Der Samen kann in der Zeit komplett am Stängel ausreifen. (Tauröste). Für das Ernten des Flaches braucht man pro Ha 50-60 Mann mehr als für die Getreideernte. Danach werden die trockenen Flachsgarben eingefahren und geriffelt – es werden Blätter entfernt und die Samen ausge“kämmt“. Dazu gab es schon bei den Germanen und Ägyptern einen Riffelkamm. Um vom Wetter unabhängig zu sein und die Röste kontrolliert durchführen zu können, fand die Wasserröste auch in Bottichen statt, wodurch die Bastfaser vom Holz gelöst wird. Für gute Flachsfasern muss die Röste kontrolliert ablaufen, sonst wird die Faser dunkel und brüchig. In großen Bottichen werden die Stengel bei 30-35 Grad Wassertemperatur senkrecht eingestellt, mit Steinen beschwert und 3 Tage im Wasser „geröstet“. Innerhalb kurzer Zeit werden die holzigen Stengel ausgelaugt und durch Bakterien das Pektin zersetzt. Danach werden die Flachsgarben senkrecht zum Trocknen aufgestellt. Danach Brechen
(Schäben fallen aus) und Hecheln (Entfernen von Resten
und Schmutz), Schwingen (Trennung der langen Fasern
von den kurzen, Werg genannten Fasern). Dabei müssen
die Bündel immer zusammenbleiben, damit die Fasern
sich nicht verwirren. Wenn der
reine Bast übrig ist, wird er versponnen und verwebt.
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Verarbeitung Spinnen zu Leinfaser, Webstoffe, Seilen sehr feines Leinen
mit Glanz
Leinen, mittel -
für die einfache Bevölkerung
grobes Leinen z. B. für Säcke Samen - als Saatgut, als Nahrungs- und Arzneimittel, als hochwertiges Speiseöl (50-67% Linolsäure), Kosmetika |
Wolle (Schaf, Ziege,
Kamel) |
Wollindustrie im römischen Reich Quelle:
Dissertation von Moeller, Walter-Otto (1963),
The Wollen Industry of Pompeii
Schafe wurden gezielt auch wegen ihrer
Fellfarbe gezüchtet, um Färbeprozesse zu sparen.
Manchmal wurden die Schafe schon vor der Schur
gewaschen und auf einer Unterlage geschoren, um
die Wolle sauber zu halten und die beste Qualität zu
gewährleisten. Es gab zwei „Ernte“methoden: Einerseits
das Auskämmen und das Scheren. Es gab wohl – wie heute
auch – einen speziellen Berufstand (speziell die
Sizilianer sollen darauf spezialisiert gewesen sein)
für die Schafschur, die in der Saison im späten
Frühjahr bis Frühsommer durchgeführt wurde. Es wurden
aber auch ganze Wollfliese beim Schlachten der Schafe
gewonnen, die dann in die Verarbeitung gingen, das
Leder wurde ebenfalls genutzt. Wertbestimmung
von Wolle: Aufbereitung der Rohwolle Zunächst musste die Wolle gereinigt werden. Die „fettige Wolle“ (= lana grossa) in der das Lanolin noch drin war, wurde in warmem Wasser gereinigt; als Reinigungsmittel diente die Wurzel der „Seifenwarte“ (saponia officinalis), Soda, Pottasche und abgestandener Urin. Bevorzugt wurde „weiches“ Wasser für den Waschprozess verwendet. Der Wollwäscher (lanilutor) musste ein guter Fachmann sein, damit die Rohwolle beim Reinigen nicht riss oder zu lang gedehnt wurde, das Reinigungswasser nicht zu heiss war und die Wolle mit den scharfen Reinigern nicht zu lange in Kontakt kam. Die Wollwäscher werden nicht gerade zu den beliebtesten Berufsständen gehört haben und wahrscheinlich gleich in der Nähe der Gerbereien angesiedelt gewesen sein. In den Schriften steht, dass das ausgewaschene (aus dem Schmutzwasser destilierte) Lanolin als Kosmetikgrundlage genutzt wurde (wie heute auch). Nach dem Waschen wurde die Wolle mit Stöcken ausgeschlagen, um möglichst viel Seife- und Schmutzrückstände zu erntfernen. Der
nächste Prozess: die Verarbeitung Das
Färben Die
Wolle wurde in den Bottichen oder wie heute noch z. B.
in Marrakesch, in Steinwannen gefärbt und mit einem
großen Stab umgerührt. Weil der Färbeprozess nicht
genau kontrollierbar war, gab es immer kleinere
Farbabweichungen. Die römischen Färber spezialisierten
sich dann auch auf bestimmte Farben und deren
pflanzliche oder tierische Ausgangsstoffe (z. B. die
Blaufärber). Cerinarius
= Gelbfärber
Galt als
eine der vornehmsten Aufgaben der Dame des Hauses und
praktisch jede Frau des Haushaltes steckte abends das
gerupfte und aufgelockerte Wollvlies auf den
Spinnrocken, hielt ihn Spinnrocken mit der linken
Hand. Der Vorfaden wird gezogen und gedreht und
wickelte sich auf die, durch den Spinnwirtel tanzende,
Spindel. Viele Spinnwirtel bestanden aus wertvollen
Materialen wie Bernstein, Gagat oder sogar mit
Eisenschmuck bestückt.
Sobald
draußen die Sonne untergegangen war und man nur noch
beim Schein von Öllampen und Kerzen arbeiten konnte,
spann man im Frauenclub die Wolle weg, bis man ins
Bett ging. Spinnen klappte auch noch im Fastdunkeln.
Bis in die Neuzeit war das üblich. Um sich die Zeit zu
vertreiben, wurde viel geklascht, gesungen oder man
erzählte sich Geschichten. Die Frauen müssen
ordentlich "gestählte" und hornige Haut von der rauen
Wolle bekommen haben.
Es wurde auf größeren Gütern in Gruppen gesponnen. Die Wolle wurde für jeden vorher täglich ausgewogen, die Menge wurde als „pensum“ bezeichnet, noch heute der Begriff für das zu erledigende Tagewerk. Am Abend wurden dann die „fusus“ genannten Wickelstäbe eingesammelt, der Faden abgenommen und als Knäuel in Ballen zur Färberei oder Weberei weitergegeben. Weisse, braune oder schwarze Wolle wurde getrennt versponnen, so dass man allein durch die unterschiedlichen Schäfchenfarben auch unterschiedliche Wollfarbtöne zur Musterbildung beim Weben vorliegen hatte. Kleinere Webarbeiten
wurden mit dem Holzbrettchen vorgenommen, um Bordüren
oder Bänder zu "flechten". Webprozess Weberei
= textrinum oder textrina Meist wurde auf horizontalen Webstühlen gewebt. Man kannte viele Muster, in diversen Farbstellungen. Es wurden auch Gold – und Siberfäden mit eingewebt (Brokat). Meist wurden die einfachen Gewebe so weiter verarbeitet und genutzt, wie sie vom Webstuhl kamen. Wollte man die Gewebe verfeinern und die Trageigenschaften verbessern, gab man es zum Fullonius ins officinum fullonum oder die fullonica. Der Fullonius wusch und/oder walkte die Stoffstücke. Zunächst wurden sie von Rest- und Verarbeitungsschmutz gereinigt. Die genutzten Reinigungsmittel: Nitrum, Pottasche, Seifenwarte, tierischer und menschlicher Urin und Walkerde (creta fullonia), ein natürliches Aluminiumsilicat. Davon gab es unterschiedliche Arten, die in das schon gereinigte Stoffstück einmassiert wurde, um es weißer zu machen und glänzend. Dazu wurde speziell Umbrica terra genutzt. Das meist genutzte war Creta cimolia aus Griechenland und die billigere Variante aus Sardinien, die ausschließlich zur Reinigung weißer Produkte verwendet wurde. Um den Urin zu gewinnen, stellten die
fullerones (und Gerber) große Urinsammelbehälter in
den Straßen auf, um sozusagen als
Dienstleistung, die Inhalte der Nachttöpfe zu sammeln.
In den öffentlichen Latrinen wurde der Urin evtl. in
großem Umfang gesammelt. Wolle wird in heißen Farbzusätzen gefärbt. Nach der Bearbeitung wurden die Stoffstücke
mit hölzernen Stöcken ausgeschlagen, um sie weicher zu
machen. Dann wurde es noch mal gewaschen, um es
einlaufen zu lassen und auf die endgültige Größe zu
bringen. Dann wurde das Tuch zum Trocknen auf
Holzrahmen aufgespannt oder über Balken aufgehängt. In
den Größstädten wird das Trocknen und/oder Bleichen
der vielen Stoffstücke ein Platzproblem gewesen sein.
(Noch heute weisen viele Straßennamen "Große Bleiche"
auf die uralten Bleich- und Trockenplätze hin). Den
Verarbeitungsbetrieben war meist ein großes
Wiesenstück als Trocknungsplatz angeschlossen oder man
hatte große, gut belüftete und überdachte Scheunen, wo
die Stücke aufgehängt wurden. Im Sommer hat man
bestimmt auch Flachdächer genutzt. Die Walkereien
hatten auch die ausdrückliche Erlaubnis, ihre
Wäschestücke auf der Straßenseite ihrer Läden zum
Trocknen aufzuspannen. Waren die Stücke trocken, wurden das Tuch
aufgebürstet, bis die feinen losen Fädchen und
Knötchen hoch standen. Die wurden nachher über einem
kuppelförmigen Spannrahmen mit einer großen Schere
abgeschnitten (das hat man auch bis in die Neuzeit so
gemacht). Es gab verschiedene Stoffqualitäten, nämlich
die ungeschorene, die einseitig geschorene und die
beidseitig geschorenen Stoffe. An diesem Punkt wurden weiße Stoffstücke
gebleicht, in dem man unter einem Scherrahmen oder
Flechtkörben in Kohlebecken eine bestimmte
Schwefelsorte verbrannte. Nach dieser Behandlung kam
dann die Fullererde zum Einsatz, die in die
Kleidungsstücke eingerieben wurde, um sie noch weißer
und glänzender zu machen oder – falls es gefärbte Ware
war - die vom Schwefel ausgeblichene Farbe zum
Leuchten zu bringen. Zuletzt wurden Stoffe mit Wasser besprenkelt (aus dem Mund des Handwerkers) und gepresst. Die Presse funktionierte mit zwei Brettern, zwischen denen das Stoffstück gepresst wurde. Für das Pressen werden wohl mindestens zwei Personen an der Presse gestanden haben. In Pompeji wurden eine Fullerei ausgegraben. Wie auch andere Handwerkerhäuser wohnte die Familie im ersten Stock, während im Erdgeschoss Verkaufsräume zur Straßenfront führten und dahinter die Produktion erfolgte. Wasser wurde aus der Küchenwasserleitung in die Walkerei geleitet und es gab eine Abwasserleitung zur Straße, bzw. in den Abwasserkanal. Filzen (für Schuhe, Hüte/Kappen, einfache -
vor allem wasserdichte - Kleidungsstücke)
Und ein Hinweis auf die Wasserversorgung
schon in augustinischer Zeit: Es gab tatsächlich
Druckwasserleitungen aus Blei bis in die 1. Etage der
Häuser. Dazu gab es in der Stadt auf Pfeilern
errichtete Hochbehälter aus Blei oder Stein, die
überall in der Stadt errichtet waren. Wahrscheinlich
dienten sie hauptsächlich dazu, den Gefälledruck des
antransportierenden Aquäduktwassers gleichmässig zu
halten, um die Nähte der Leitungen nicht zu schädigen.
Diese Steigleitungen und Hochdruckbehälter bedienten
dann auch die Wasserspiele in den reichen Villen mit
genügend Druck für die Fontänen. Neben den
Hochbehälterpfeilern waren meist auch Laufbrunnen
angebaut, die als Überlauf dienten und aus denen sich
die Bevölkerung mit Frischwasser bedienen
konnte. Die Abwässer liefen entweder über Rinnen
vor den Bordsteinen dem Straßengefälle nach in
unterirdische Sammelbecken und Abwasserkanäle. Oft gab
es eine Art Zebrastreifen aus in die Straße
eingesetzten großen Steinen, um Fußgängern das
überqueren überfluteter und/oder verdreckter Straßen
zu ermöglichen. Die Abstände dieser Steine waren der
normierten Wagenbreite angepasst, so dass der Verkehr
ohne Schwierigkeiten passieren konnte. Im 12.
und 13. Jahrhundert Zucht von Wollschafen unter
Aufsicht von Fürsten und Klöstern. |