Die Ausgrabungen von vielen römischen
Gutshöfen und Villen zeigen, dass es am Standort
fast immer schon eine lange landwirtschaftliche
Vorgeschichte aus keltischer, manchmal auch sogar
schon aus der Bronzezeit gibt. An den Standorten
größerer keltischer Gutshöfe, von romanisierten
Kelten oder römischen Veteranen übernommen,
standen vormals Lehmfachwerk- oder Pfostenbauten,
rechteckig mit Vordach.
Später erfolgte die oft römische Übernahme durch Adelsfamilien, reiche Beamte, Veteranen. Die keltischen Vorbauten waren wohl so massiv, dass sie Schieferdächer oder römische Leistenziegel tragen konnten. Meist kommt später eine Erweiterungs- und Umbau/Neubauphase, in der die Villa deutlich vergrößert wird, mit Bädern ausgestattet, mit Pfeiler, mit umlaufender Säulenterasse, Atrium, Hypokaustenanlage und Latrine ausgestattet. Bleirohre im Haus, draußen meist aus Holz, aber auch Keramik. Da sämtliches Land am Ende des römischen Reiches zu 99,9% in senatorischem Besitz war und die Versorgung der gesamten Bevölkerung über kleine und große Gutshöfe, die villae rusticae, organisiert war, werfen wir einen Blick auf das Villenwesen. Um in der Regionalpolitik mitmachen zu können brauchte man Grundbesitz und ein ausreichendes Vermögen (100000 Sesterzen), das sofern nicht ererbt, nur durch den Betrieb eines recht großen Gutshofen zu erlangen war. Im mit einer Mauer eingefassten Gutshofbereich gibt es natürlich den Wohnkomplex des reichen Besitzers mit Risalitecktürmchen, erhöhter Veranda, einem Teich vor der Südwand, der im Winter durch Lichtreflexion auch Licht in die Räume bringt und als Fisch- und Badeteich für die Kinder dient. Es gibt einen Gemüse- und Gewürzgarten. Um große Villen herum auch angelegte Parkanlagen. Räucherhäuser, Trocken/Dörröfen und Bäckerei, Stallungen, Getreidespeicher (Gerste, Hafer, Weizen, Roggen, Hülsenfrüchte), Scheunen, Schmiede, Vorratskeller werden an der Innenseite der Umfassungmauern angelegt. Im Innenbereich des Guthofes gibt es Sonderflächen für Geflügel, Ställe, Viehpferche (Schwein) und Dreschtennen. Die villae rusticae hatten natürlich über ihre Verpflichtung zur Versorgung des Militärs besondere Aufgaben zu erfüllen. Um eine Garnison von 1000 oder mehr Mann zu versorgen, bedurfte es einiger landwirtschaftlicher Betriebe im Umland. Man schreibt einer durchschnittlichen villa rustica eine Fläche von 1 qKm zu, also rund 100 Ha = 400 iugera. Diese Hoffläche beinhaltete ca. 50% Anbauland und der Rest verteilt sich auf Weiden, Brache und Gebäude. Der Ertrag einer solchen Villa belief sich auf ca. 40.000 Liter Getreide. Davon mussten 10% als Steuer direkt ans Militär geliefert werden. 20% wurde als Saatgut gehortet, der Rest diente als Eigenbedarf an Nahrung, Viehbeifutter und eine Verlustrate, durch z. B. Nagetiere, ist auch eingerechnet. Es dürften etwa 4500-10000 L – also etwa ein Viertel maximal, als Überschuss geblieben sein. Mit diesem Überschuss konnte man also eine städtische Bevölkerung durchaus mit Getreide versorgen (wenn gerade keine Plünderungszüge von Germanen liefen oder die Ernte wegen Witterung ausfiel). Lagerung, Transport und Küche Die Lagerung all dieser Nahrungsmittel erfolgte entweder in Speichergebäuden, in Amphoren und Dolien (Lein-, Olivenöl, Wein), man konservierte Gemüse und Früchte durch Trocknen oder Einlegen, hortete getrocknetes oder geräuchertes Fleisch in kühlen Keller-Vorratskammern und im in eigenen Fett eingekocht in Keramikgefäßen. Im Hauptgebäude wird nur ein kleiner Vorrat an Lebensmitteln für den direkten Verbrauch gelagert. Es ist auch anzunehmen, dass es ein extra Küchengebäude gab – schliesslich will man sich die Villa nicht verrräuchern lassen, deshalb ist die Küche innerhalb der Villa recht klein und stellt wahrscheinlich nur eine Art Familien- oder Aufwärmküche dar. Villen in Weinbaugebieten haben auch Kelterräume und Kelterbecken zur Weinherstellung. Der Wein wird in Kelterbecken von Mensch oder Tier gestampft und der Most läuft in ein anderes Kelterbecken ab. Die Calcatura/Tretkelter. Ausführliches zum Weinanbau auf der Seite "Erden". Die landwirtschaftliche Arbeit wird mit Ochsen oder Sklaven oder Kleinpächtern/colonii ausgeführt. Kleinpächter/colonus/colonii - meist durch Steuerschuld unfrei geworden, weil sie den Pachtzins für ihre Parzelle – merces oder pensiones, zahlbar an Zahltagen – dies pecuniarum - nicht zahlen konnten, arbeiten ihre Schulden auf einem größeren Gutshof ab - und gewinnen meist ihre Freiheit nicht wieder. Eisenpflugscharen, Schneidmesser, Sensen und Sicheln waren das Werkzeug. Wegen des Arbeitermangels noch aus den Germanen-Einfalljahren um 300, wird sogar eine Mähmaschine erfunden. Um 350 muss wegen der vielen aufgelassenen Höfe sogar Getreide aus England für die römischen Truppen importiert werden. Die landwirtschaftlichen Produkte und Waren werden überwiegend mit Eseln oder Ochsenwagen transportiert, oft mit Anbauten und Körben auf den Wagenachsen. Um einen durchschnittlichen Gutshof von 25 Hektar/100 iugera zu betreiben braucht man 1 vilicus/vilica /Verwalter 10 operarii (Arbeiter) 1 bubulcus (Ochsentreiber) 1 asinarius (Eselstreiber) 1 salictarius (Weidenrutenzüchter) 1 subulcus (Schweinehirten) Weiter Haustiere: Obwohl die Hauskatze mit den Römern in die Nordwestprovinzen gebracht wurde, kam sie in römischer Zeit (angeblich) nicht sehr häufig vor. Von Hunden kennen wir drei unterschiedliche Rassen: 1. kleine dackelähnliche Tiere, die als Haushund gehalten wurden; 2. mittelgroße Hunde, dem Setter ähnlich, die als Jagdhund eingesetzt werden und 3. die großen, schweren Kampf- und Wachhunde. Als Hobby gab es bestimmt auch Käfigsingvögel und kleine Pelztiere für die Kinder. Villen/Gutshöfe in der Region Eifel und Luxemburg Villa Otrang/Mosel 3600 qm/66 räume, Bäder, Säulenhalle und -gänge, unterirdische Warmluftheizung, Heizungsanlage, großer Wirtschaftshof, Bäder, Prunkfassaden, Mosaikfußböden mit Abbildungen von Ornamenten und Tierbildern. Villa Sarabodis/Gerolstein/Eifel großer Herrensitz, Ausstattung wie oben, 27 Männerskelette- alle um die 2 m groß In der Nähe: keltisch-römische Kultstätte für die Muttergottheit „Caiva“ Schutzpatronen der keltischen Bauern und Hercules um Gerolstein. 2 Tempel für die Götter, weitere Kultstätten. Insgesamt 2800 qm. In den Villen der Eifel wurden wohl auch Bodenvorkommen vorbearbeitet und zum Transport vorbereitet. Gold- und Silberabbau bei Mechernich/Eifel, Goldwaschen in Eifelbächen/Rhein, Rasenerz-Verhüttung überall im Rheinland. Im Aachener Raum auch Steinkohlegewinnung. Aus Lothringen Import von Kalksteinen. Römervilla am Silberberg/Bad Neuenahr (s. Seite Bad Neuenahr-Ahrweiler) 750 qm mit aufwändigem Bad- und Küchentrakt, zweistöckig, mit Wandmalereien, Mosaiken, Fussbodenheizung.
Villa Nennig/Perl bei Trier
Villa
Allenz
Villa Kenn/Mosel Villa Longuich/Lux Villa Mersch/Luxemburg Villa Thür/Eifel
Villa Echternach/Luxemburg, s. Seite Echternach
Villa Borg s. Seite Borg Villa Bingen/Rhein s. Bingen Villa Otrang s. Otrang Villa Bollendorf s. Bollendorf Villa Winningen/Autobahnrastplatz A61 s. Seite Winningen
Villa Wittlich/Eifel
Unterhalb der Autobahnbrücke an der Lieser stand
diese Villa. Das Lieser-Tal führt direkt südlich
nach Noviand zu den ebenfalls ausgegrabenen
Kelteranlagen. Hält man sich von der Villa aus
östlich, umkurvt wie heute den Bergrücken, der zur
Mosel hin absperrt nach Ürzig und folgt dann an der
Bergkante oberhalb der Wingerte der noch heute so
benannten Römerstraße, so kommt man zu den
Weinbergen, die oberhalb der Kelteranlage von Erden
liegen (Erden liegt aber auf dem anderen Ufer der
Mosel).
Da direkt an der Mosel keine Villenanlage ausgegraben wurde (wobei ich vermute, dass es vielleicht eine unter dem Kloster gegeben haben könnte), wurde die Kelter vielleicht nur im Saisonbetrieb oder als abgesetzte Arbeitsanlage von der Villa aus betrieben, vielleicht sogar im Verbund mit Noviand als Teil eines großen Gutshofes. Die Römische Villa von Wittlich lag zur Römerzeit an der Hauptstraße Trier-Koblenz/Andernach. Vor 1800 Jahren profitierte sie von dieser Verkehrsanbindung. Die prachtvolle zwei- und dreigeschossige Front an der Lieser muss einen imponierenden Eindruck gemacht haben. Der weitläufige Bau mit einem landwirtschaftlichen Betrieb entstand wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert. Aufgegeben wurde er um die Mitte des 4. Jahrhunderts. Der palastähnliche Bau schmiegte sich dem Hang des Mundwaldes an, an dem die Lieser in einem sanften Bogen verläuft. Wegen dieser schönen Lage war die 140 Meter lange und bis zu 28 Meter tiefe, schlossähnliche Anlage einzigartig; denn die meisten römischen Landvillen lagen an Hängen oder auf Vorsprüngen und waren so gut wie immer in einem strengen rechtwinkeligen System geplant. Hier aber folgte die Villa mit ihren drei Gebäudetrakten der Krümmung der Lieser. "Die römische Villa wird nach ihrer völligen Ausgrabung und Sicherung eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt und des Wittlicher Tales bilden. Sie ist der prunkvollste und größte Villenbau der Römer im Trierer Lande." So heißt es im Text einer Polizeiverordnung aus dem Jahre 1941, die den Bau unter Schutz stellte. Weiter heißt es wörtlich, dass wegen der Villa die Autobahntrasse verlegt wird. Im Zuge des Autobahnbaus 1939/40, deren Trasse nach den ersten Planungen genau über dem südlichen, am besten erhaltenen Bauteil mit den Stallungen geführt werden sollte, gab Reichsminister Dr. Todt die Anordnung, die Autobahntrasse so zu verlegen, dass die Villa frei bleiben und ein Rastplatz mit Besichtigungsmöglichkeit angelegt werden solle. Die Ruinen wurden mit umfangreichen Schutzdächern gesichert. Doch die Nachkriegszeit brachte aus Mangel an Interesse das traurige Ende. "Gekrönt" wurde die Vernichtung der Villenreste durch die Rückverlegung der Autobahntrasse ins römische Villengelände. Jedoch sollte eigentlich über den Südtrakt eine weitgespannte Brücke führen, eine nicht eingehaltene Zusage. Die Brückenpfeiler wurden 1972/73 mitten in den Südflügel eingesetzt. So sind aus Ignoranz und rein wirtschaftlichem Interesse wesentliche Teile einer einzigartigen römischen Villa verloren gegangen. Einigen Villen, die von der Landesdenkmalpflege gut gesichert oder -wie die Villa Borg- in alter/neuer Schönheit komplett restauriert wurden, werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Sammlung von Villen-Ausgrabungsplänen und Rekonstruktionszeichnungen Die villa rusticae variieren vor allem in ihren Ausmaßen. Es gibt die kleinen Gutshöfe, die mittleren Ausbauphasen mit vielen Räumen, Ecktürmen, Terrassenvorbau (Porticus) und immer einem Bad. Es wurden auch Villen ausgegraben, ein - paar Beispiele aus dem Französischen "Carte d'Archeologique de France"-Arsenal habe ich mal rauskopiert - die unglaubliche Größe erreichten. Sie hatten Thermenanlagen, die woanders eine ganze Stadt versorgten, zig Zimmer, Mosaike von toller Farbpracht und mythischen Motiven. Auch von der Standard-Rechteckform weicht der reiche Bauherr gelegentlich ab. Sogar im Achteck angelegt, hat man eine ausgegraben.
Villa Moyenvic/Lothringen - Nähe Marsal
Villa Wichmann
Villa Rouhling/Lothringen - achteckige Anlage
Hier im Innenhof-Areal der Villa sogar ein großes Badebecken/Fischbecken, in den Wohntraktenmehrere Bäder Mosaik aus blauen und goldenen Steinchen Die Villenanlagen prunkten nicht nur mit großen Becken vor der Südseite zur Lichtreflektion im Winter und fürs Fischehalten, nein - sie bauten auch architektonisch und bildhauerisch wertvolle Teichanlagen, wie hier die Rekonstruktion des Hermenweihers (Mus Trier) zeigt. Natürlich
gibt es im Rheinland, Frankreich, Spanien, halt
überall im ehemaligen römischen Weltreich überall
Villenreste, deshalb beansprucht meine
Zusammenstellung auch absolut keine
Vollständigkeit. Mittlerweile gibt es Römertouren
als Wander- oder Fahrradtour durch die
unterschiedlichen Regionen, mit denen man den
Spuren der antiken Besiedlung folgen kann.
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