Narbonne, das südliche Gallien und
das Pyrenäum zur Römerzeit
Pyrenaeum, die Region rund um die Pyrenäen am Mittelmeer,
bzw. am damaligen Gallischen Golf, dem heutigen Golf du Lion


                                                             Narbonne


Von Süden her gesehen: Rechts die große Lagune und von Nord nach Süd die heutigen Haupttrassen von Nationalstrasse links und Autobahn rechts. Die folgen ziemlich genau der Spur
der alten Via Domitia. Es kreuzt die Via Aquitania, die Herkulesstrasse.
Der Fluss Aude kommt aus dem Hinterland der Pyrenäen, verbindet Carcassone mit der Küste.
Carcassonne ist über die Via Aquitania und die Flüsse L'Hers und Garonne mit Bordeaux verbunden. Die Via domitia verbindet ganz Nord- und Ost-Gallien mit Hispania.

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kelt-iberische Besiedlung in der Eisenzeit

In den alten Aufzeichnungen wird schon vermerkt, dass das südlich-mediterrane Gallien einen deutlich höheren wirtschaftlichen Entwicklungsstand hatte, als zum Beispiel Ostgallien. Die Römer mussten nach der Eroberung die schon bestehenden Infrastrukturen übernehmen und ausbauen. Der Ort wird unter Cäsar um 50 v. Chr. Winterquartier während der Gallienkriege (X. Legion). Um 45 v. Chr. wird „Julia Narbo Martius“ auf dem alten keltiberischen Standort neu gegründet. Narbonne sitzt wie die Spinne am Ende eines großen Netzes als Großhafen vor den Pyrenäen. Die Stadt liefert einen Großteil der Südwestgallischen Ernten nach Rom. Deshalb auch das riesige Getreidelager, das Horreum. Aus den Corbieres-Bergen und den Pyrenäen werden Metalle geschürft, die ebenfalls ihren Weg nach Rom finden. Und von hier aus kann Rom immer wieder Soldaten aus Hispania für seine Kriege in Gallien rekrutieren.

Die via domitia wird in ihrer heutigen Fassung in N-Süd-Richtung ausgebaut. Bau des großen Horreums (3 Flügel in U-Form) an der via domitia oder am „cardo maximus“, Magazine, Lager. Unter Augustus wird das Capitol sogar aus italienischem Carrara-Marmor errichtet. Unter Vespasian kommt das Amphitheater im Osten der Stadt hinzu, in der Nähe der Tempel, der dem Kaiserkult dient.


Narbonne in der Spätantike


Narbonne mit spätantikem Umriss (braune Stadtumrandung) und mittelalterlicher Stadtbefestigung



Wie genau die Lagunenöffnung vor 2000 Jahren aussah, weiss man nicht genau. Der heutige Canal de la Robine, der durch Narbonne führt, war bestimmt früher schon ein Deltaseitenarm der L'Aude. Möglicherweise hatte sich das Hafenhauptzentrum in der Spätantike Richtung Gruissan verlagert, einem Hügel am Nordanfang der Lagune.


                   

                 Die Reste einer großen Stadtvilla und Gebäudekomplexen drumherum
                 


                                   

Bislang konnte man sehr wenige große Reste des römischen Narbonne ausgraben. Ein großer Tempelkomplex der kapitolinischen Trias weist auf einen Haupttempel des wahrscheinlich hier liegenden Forums hin, dessen Podium 48x36m maß und aus Carraramormor errichtet war, die Peribole aus örtlichem Sandstein. Auf dem Podium stand der eigentliche Tempel, über 8 Stufen erreichbar. Mit Marmorsäulen mit 24 Kannelierungen, korinthischen Kapitellen, Stierköpfen und Girlandendesign. Säulenumgänge aus örtlichen Kalksteinsäulen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach lag das Forum südlich, direkt gegenüber des Tempels, wahrscheinlich, wie üblich, rund 100x70m groß.

Im nördlichen Bereich des Amphitheaters und in Zusammenhang mit diesem, fand man die Reste eines riesigen "Freizeit"bereiches, bestehend aus Thermen, Provinzialheiligtum, wahrscheinlich Einkaufskolonaden. Da Narbonne dem Stadtgott Mars geweiht war, ist zu vermuten, dass das Provinzialheiligtum Lennus/Mars zu Ehren erbaut wurde.

                                 
                                                         Kapitol - Triastempel

Das Forum wird vom Tempel der Trinität beherrscht. In der Nähe des Forums (Innenstadt) gab es wohl einen großen Mercatus, einen Großhandelsmarkt oder Warenbörse und einen Macellum/Markt für Einzelhandel, sowie Lagerhäuser für verschiedene Produkte. Nachgewiesen sind z.B. kandierte Früchte aus Tarraco/Tarragona und Honig aus Catalunya.


Amphitheater




Narbonne Theater

 
   
Inschriftenstein des  Volkes von Narbonne mit einer Lobhudelung an sich selbst,
den Kaiser Augustus, dessen Familie, das Volk von Rom, etc.

 

An der Kreuzung der Aquitania und Domitia fanden sich große Reste von Lagerhallen, wahrscheinlich als Zeugen für ein marcellum (Einzelhandel) und einen mercatus (Großhandel) im Zentrum der Stadt. Ebenfalls in der Stadt gab es größere Sigillata-Handelshäuser. Hier wurden auch die Produkte aus Katalonien vermarktet, wie die Keramikreste von iberischen Honigtöpfen und Trockenfrüchtevasen bezeugen. Insbesondere scheint der Handel mit Empuriabrava intensiv gewesen zu sein. Denn um die 0er-Jahrtausenwende war Narbonne eher noch ein Unterstützungshafen für Emporion, das aber dann massiv an Einfluss verlor, als Narbonne zum römischen Hafen ausgebaut wurde. In der Spätantike wurden vor allem Amphoren mit Wein, Olivenöl, Fischsauce und eingelegten Fische aus Betica, Tarragona und der Costa Brava über Narbonne verschifft. Vereinzelte Funde beweisen sogar Handelskontakte nach Africa/Ägypten. 
      


Horreum


Kellerbereich/Zwischenlager

Es wurde mit Wein, Olivenöl, Salzfischen und Fischsossen gehandelt. Unterschiedliche Weinamphorenmarken sind nachgewiesen von:

Volteilius et Mevius aus Tarraco
Usulenus Veiento
und aus Sizilien

Importe/Exporte wurden über Toulouse/Tolosa und die Garonne bis Britannien gehandelt.







Narbonne ist Ende des 2. Jahrhunderts abgebrannt und wurde unter Antonius Pius (der Heilige) wieder in aller Pracht aufgebaut. Um 200 n. Chr ist Narbo martius Handelszentrum für Wein und Keramikprodukte/Terra sigillatia aus Italien nach Westen nach Aquitanien/Tolosa/Bordeaux. Mittlerweile konkurriert der einheimische narbonnenser Wein mit dem Importwein aus Tarraco.  Massenimporte von Wein aus Italien und Spanien, Export von Waren aus dem Languedoc und Aquitanien. Später auch Importe von Keramik, Wein und Marmor aus Afrika. Aus den Corbieresbergzügen und den Pyrenäen wird Eisen/Metalle gewonnen und exportiert.

Die große Lagune vor Narbonne ermöglichte es, große und viele Hafen- und Kaianlagen zu errichten. Auf jeden Fall gab es hier ausreichend Platz für die Stationierung einer großen Handels- und Kriegsflotte. Vor allem auch bei starkem Wind, der hier oft vorkommt, war Narbonne ein sicherer Hafen. Da die Aude hier ein sich immer wieder veränderndes Lagunendelta bildete, waren viele Ausladestationen/Hafenanlagen wohl eher aus Holz errichtet und überpflastert worden. Dahinter bildeten sich mit Sicherheit Wohnhäuser für die Hafenarbeiter, Tavernen und Bordelle für die Seeleute, Zwischenlagergebäude und Werften für die Reparatur der Schiffe.

Narbonne ist der Großhafen für die Handelsschiffe. Ein Flusshafen direkt bei Narbonne, das am Ende einer großen Lagune liegt, ist nicht nachgewiesen. Evtl. wird die Ware am Strand von den Seeschiffen auf Etang-Inseln und den Etangufern ausgeladen und mit Flachbooten/ Lagunen-schiffen über den Etang transportiert. Nur im Etang des Bages ist bisher eine Hafenanlage nachgewiesen. Ein echter Hafen ist jedoch bei La-Nautique, am ehemaligen Aude-Delta nachgewiesen. Dort fand man Hafenkais aus Holz und Hafengebäude. Wegen der ständig wechselnden Küstenlinie gibt es wahrscheinlich Bedarfsanleger ohne schwere Kaibefestigungen. Hier wahrscheinlich auch Stützpunkte und Häuser für die Anwohner und Arbeiter von den Handelshäuser und den Domänen im Hinterland. Vielleicht wurden die einlaufenden Schiffe durch Fahnenzeichen der jeweiligen Handelshäuser zu den richtigen Anlegestellen gelotst.


Hafensystem mit vielen Kaianlagen und Ladepunkten um die Lagune herum verteilt

Insbesondere der Port Nautique (oberster roter Punkt) zeigt viele Reste des Handelsgeschäftes. Bordgeschirr, enorme Mengen Sigillatakeramik, auch aus Gaufresenque,  Amphorenreste, vor allem auch kleine Portionsbehälter mit Wein, Garum, Fisch für den Einzelhandel erzählen vom Handelsgeschehen.


antike Uferbefestigungen, Kaianlagen

Wahrscheinlich gab es viele kleinere Hafenbetreiber, vielleicht betrieben viele größere Keramik hersteller eigene Kaianlagen und verschickten ihre Waren mit eigenen Schiffen in die Welt. Jedenfalls zeugen die archäologischen Reste in den Hafenanlagen von wenigen großen Markennamen. Die Importeure sammelten ihre Bestellungen direkt am eigenen Hafensteg ein und lagerten sie in den angeschlossenen Lagerhallen. Markennamen/Stempel von Sigillataherstellern waren. Cocioi, Primus, Rust, Sabinus, Albanus, Of(iciium) Canti, Of Gallic, Of Luccei, Secundus.

Politisch ist Narbo Martius Regierungssitz. Hier residierte jeweils für ein Jahr ein Proconsul von Senatorenadel, ein Legat und Quästor für die Finanzen (quaestores pro praetore provinciae Galliae narbonensis), der für den Einzug der käiserlichen Steuern und Zölle zuständig war. Die städtischen Finanzen wurden vom procuratores und adjustores augusttii patrimoni provinciae Narbonensis geregelt, es gab mehrere procuratores für die Eisenminen (procuratores augusti ferrariarum Galliarum), mehrere Funktionäre aus dem Ritteradel (procuratores augusti XXXX Galliarum) für den gallischen Zoll von 1/40 auf die Waren, zahlbar an den Zollposten. Konfliktschlichter und Fiskusadvokaten, praefecti vehiculorum per Gallieas, zuständig für den Verkehr und die kaiserliche Post/cursus publicus, procuratores augusti ad annonam provinciae Galliae narbonensis, zuständig für den Einzug der Anonna (steuerartige Pflichtabgaben),

Thermenbau um 230-250.
Um 275-280 wurde Stadt auch hier wegen der Franken- und Alemannenangriffen mit einer Stadtmauer geschützt.
In der Spätantike verliert Narbonne seine Rechte und wird in die Provinz Languedoc integriert.
Das Christentum nimmt verstärkt Einfluss.
Um 390 gibt es eine christliche Basilika
412 Eroberung durch die Westgoten. Ataulf heiratet Galla Placida, die Schwester von Westkaiser Honorius
462 wird Narbonne unter Theoderich westgotisch und wird komplett (zwangs)christianisiert
719 geht Narbonne während der Araberangriffe unter und verliert jeden Einfluss, der aber nach
759 nach der Rückeroberung durch die Franzosen wieder auflebt.

Wenigstens hat man doch hier und da Mosaike und Wandmalereien der Wohnhäuser und Paläste gefunden.










Die Hauptwege und Ladenflächen waren oft mit unterschiedlichsten, auch farbigen, Fliesen oder Pflastern bestückt.

Die Narbonner Römer müssen eine besondere Vorliebe für das Acanthus-Symbol gehabt haben. Jede Menge Grabstelen und Weihesteine tragen das Motiv in unterschiedlicher Ausführung.
                                





In und um Narbonne herum hat man viele einzelne Steine, Friese, Sarkophage, etc. gefunden und sie im Museum in einem Lapidarium gesammelt. So einige antike Stücke finden sich auch in und an später entstanden Bauwerken als Einbauten.

Auf mehreren Kaps um die Pyrenäen herum soll es diverse Tempelheiligtümer gegeben haben.
Da es kurz vor der französisch-spanischen Grenze jede Menge
solcher Kaps mit viel Platz drauf gibt, kommen auch mehrere Standorte in Frage

Vielleicht bei Coullioure (Hafen von Elne) oder vielleicht
bei Cervaria (Cerveres) soll es einen Tempel der Venus (dies beansprucht auch Port Vendres) gegeben haben oder ein Aphrodite-Heiligtum auf dem Cabo de Cruz/Cap Creus, wo auch heute noch ein Leuchtturm steht
Wahrscheinlich war auf so ziemlich jedem größeren Felsvorsprung an der Küste mindestens
ein kleiner Tempel mit einer "Leuchtturm"anlage/großen Feuerstelle errichtet, um die Schiffe nachts oder bei schlechtem Wetter mit Abstand um die gefährliche und windige Felsküste herum zu leiten. So ein Leuchtfeuer hat es den göttlichen Beschützerinnen bestimmt ungeheuer erleichtert, die Gebete ihrer Schutzbefohlenen zu erfüllen.

Ticis = Fluss Tet
Tellis/Tecum = Fluss Tech
Etang de Sales/Fluss Sordus

3 große Inseln werden im Norden Hispanias erwähnt
(könnten die Islas Medas/Illes Medes vor L'Estartit sein)
eher aber die Balearen - weil als "groß" bezeichnet

Col de Panissars bei la Jonquera, Grenzübergang, Zollstation (s. auf der Indexseite von espumademar.de) über die Alberesberge. Heute liegt die spanisch-französische Autobahngrenze direkt unterhalb des Berghanges. Die mittelalterlich-neuzeitliche Festung Bellegarde auf dem Höhenzug nebenan.

In Amelie-Les-Bains/L’Aquae Calidae im Hinterland gab es schon zur Römerzeit Thermen
wie auch in dem heutigen Caldes de Malavella, nahe Girona, in Katalonien
auch überall in Spanien an diversen Quellaustritten mit warmem Wasser findet man römische Thermenreste

Alle Fotos und Infos aus "Carte Archeologique de la Gaule Narbonne 11/1"
Link Narbonne in der Römerzeit/Tourismusinfo