gallo-römische Tempelanlage Martberg

Treis-Karden/Pommern Mosel


Modell gallo-römischer Umgangstempel


Nachbauten auf dem Martberg





Die ältesten Spuren auf dem Martberg reichen 600.000 ! Jahre zurück in die Zeit der Altsteinzeit. Während der Jungsteinzeit wurden die ersten Wohnhäuser und Grabenanlagen errichet.
In der Eisenzeit erlebte die Untermosel eine besondere Blütezeit. Im 1. JHvC entwickelte sich eine bedeutende keltische Siedlung, die fast das gesamte Bergplateau bedeckte. Cäsar nannte diese entwickelten Höhensiedlungen der Kelten "Oppidum/Oppida".
Handwerker, Händler, Märkte, Militär und natürlich der religiöse Kult der Kelten spielten sich hier ab, unter der Führung keltischer Fürsten. Die große wirtschaftliche und politische Bedeutung des Martberges zeigte sich auch in eigener Münzprägung und am im Zentrum des Plateaus gelegenen, großen Tempelbezirkes.

Der keltische Gott Lennus wurde hier verehrt, später in keltisch-römischer Kombi als Lennus-Mars.

Gegenüber des Haupttempels und Vorplatzes lag ein repräsentativer, mit Palisaden eingefasster Gutshof, der im Zusammenhang mit der Münzeprägung der Treverer steht. Wahrscheinlich also das politische Zentrum des Marsberges. Der eigentliche Kultbezirk mit den Tempeln war in der Spätantike auf einer Länge von ca. 60 m mit einer Mauer umfriedet. An der Nord- und Südseite, wahrscheinlich auch an der Nordwestseite gab es Toreingänge.

Die heutigen Schotterwege geben die alten Wege wieder; im Bereich des Übergangs vom Mart- zum Hüttenberg wird eine Toranlage vermutet. Entlang des Hauptweges siedelte sich ein Händlerviertel an; moselseitig - am Rande des Plateaus - weisen die Funde auf ein Handwerkerviertel hin.

Die Gebäude des Oppidums hatten Flächen zwischen 20-40qm und waren in der keltisch-üblichen Fachwerk/Flechtwände-Technik errichtet.

Der westliche - der Eifel zugewandte Teil des Plateaus war gering besiedelt und diente wahrscheinlich als landwirtschaftliche Nutzfläche.

Der genaue Zeitpunkt der Aufgabe der Tempelanlage lässt sich nur ungefähr zum Ende des 4. Jahrhunderts datieren. Da aber ab 365 nChr diverse Anti-Heidnische Gesetze erlassen wurden, kann man vermuten (ich mache es in meinem Roman jedenfalls so), dass um 391 herum die Anlage nach Kaisers Willen zwangsweise geschlossen, wenn nicht zerstört wurde (was sich in den Funden leider nicht nachweisen lässt).
Denn:
391 verfügt Kaiser Theodosius ein kathegorisches Verbot von heidnischen Opfern und Tempelbesuchen, dem Gratian nachkommt und verfügt mit einem Erlass 392 das Verbot der heidnische Kultausübung.

(Ein Tipp: Zwar ist eine befahrbare Zugangsstrasse zum Marberg ausgeschildert, aber der Parkplatz für den Normalo befindet sich deutlich vor dem letzten Plateauanstieg. Wer mit einer Behinderung zu kämpfen hat, der KANN aber auch noch weiter auf das Plateau hinauf fahren, weil das letzte Stück doch einigermassen steil und für "Fusskranke" nicht so ganz einfach begehbar ist. Ich habs jedenfalls einfach mal so gemacht. Vielleicht vorher mal bei der Touristeninfo des Ortes anfragen, ob man mal darf.)


im Vordergrund die Mosel und Pommern; darüber das große Plateau des Martberges, dahinter, getrennt durch einen flachen Einschnitt, der Hüttenberg und die beiden Ortsteile von Treis-Karden - mit Brücke verbunden.


frühe keltische Grabenanlagen udn Funde auf dem Martberg


Wie alt die Siedlungsgeschichte auf dem Martberg ist, beweisen z.B. Münzefunde mit Prägedatum 350-300vC aus Marseille. Die Kelten Galliens handelten schon früh mit den griechischen Handelsmetropolen (Marseille, Sete, Agde, Emporion, etc.) Griechische Amphoren lassen sich bis tief ins hinterste Gallien finden. Im 3. JHvC verdingten sich die keltischen Krieger in den diversen Armeen rund ums Mittelmeer und brachten die Gold- und Silbermünzen als Sold mit in die Region.









Tempel X (in der rechten oberen Ecke der Anlage) ist recht klein und wird heutzutage als Kapelle bezeichnet. Auch hier wurde das Gebäude im 2. JHnC auf den Fundamenten von keltischen Vorgängerbauten aus dem 1.JHvC errichet.
HIER zeigen die Funde Pfostensetzungen und Waffenopfer, die noch aus der kriegerischen Epoche stammen.
Man weiss, dass die Kelten nach ihren Kriegszügen die Waffen und auch die Köpfe ihrer besiegten Feinde an die Pfosten ihrer Tempelpalisaden nagelten.




Tempel M und L
Die Entwicklung der Tempel lässt sich über zahlreiche Bauphasen bis in keltische Zeit zurückverfolgen. Welche Gottheiten damals hier verehrt wurden, ist nicht überliefert. Als die Römer Gallien vereinnahmten, entstanden die typisch gallo-römische Umgangstempel, deren Grundrisse immer praktisch gleich sind: ein zentraler Viereckturm (cella), in dem die Statue/n der Götter aufgestellt waren, Opferschalen - und Altäre. Drumherum der überdachte Umgang. Die beiden Tempel sind wesentlich kleiner als der Haupttempel.


In der Nordostecke der Anlage wurden massenhaft rituell zerstörte Minigefässe gefunden. Auch Reste eines Schweineopfers, Münzopfer.
Die letzten römischen Münzen wurden hier - wie überall in Nordostgallien - um 400 ausgegeben. Danach - mit der Eroberung der Region durch die Alemannen, Franken, etc. kam wohl kein römischer Sold und damit keine neueren römischen Münzen mehr in die Region.








Bei der Innendekoration richtete man sich an erhaltenen Putzresten aus z.B. Pompeji und anderen Tempelstätten aus.
Die Dekorations"Maske" war standardisiert. Ein Sockel ein Sockelfries, dann größere, untergliederte Wandflächen, unterteilt mit senkrechten dunkleren Partien, die z.B. in Kandelaberabbildungen oder als Säulen ausgeführt sind, geschmückt mit Girlanden oder Pflanzenmotiven, Flechtwerk, Blattranken, Vögelchen und Früchten.  Die Oberzone (falls der Raum hoch genug ist) wird meist hell mit einer grafischen Aufteilung ausgeführt.

Die Variationen im Privatbereich sind groß, je nach Geschmack und Selbstdarstellungswunsch des Eigentümers.
Zum Teil in echtem Marmor ausgeführt, oft aber auch als Fake, als "gemalter" Marmor. Wer Geld hatte, demonstrierte es mit Wandverkleidungen aus Marmor, z.B. mit lakonischen oder ägyptischen schwarz-grünem oder rotem Porphyr.
Oft waren die Flächen mit menschlich-göttlichen Motiven bestückt, die sich an Götterstatuen orientierten.


Die Funde auf dem Martberg deuten auf die Verehrung folgender Götter hin: Lenus Mars (als Gott der Heilung, nachgewiesen durch eine Weiheinschrift), Minerva, die Göttin des Handwerks und der Künste.
Die Größe der Anlage lässt auf die Verehrung weiterer Götter des keltisch-römischen Kultkreises schliessen.


Der Haupttempel (K) im Mittelpunkt des Heiligtums überragte alle umliegenden Gebäude. Über den Fundamenten der älteren keltischen und römischen Bauphasen wurde im 3. JhnC der hier letzte und schönste Tempelbau errichet. Mit fast 20m Länge und 9m Höhe gehörte es zu den größeren Bauwerken im ländlichen Bereich. Auch hier Cella und Umgang. Der Umgang ist der architektonische Ausdruck einer Kultpraxis, nämlich dem Umschreiten der Cella in einer Prozession. Vermutlich war der Haupttempel Lennus-Mars geweiht.
Eine moderne Götterstatue bildet das Zentrum des Innenraumes.



Ein ganzes Sortiment von nummerierten Tonkugeln wurden im Bereich des Tempels M gefunden. Aller Wahrscheinlichkeit wurden sie als Loskugeln verwendet, die der Kunde oder der Priester für ein Orakel oder Weissagung ziehen konnte. Die Werte der bisher gefundenen Kugeln liegen zwischen 2 und 94. Da ergibt sich eine ganze Reihe von Weissagungsmöglichkeiten, wenn man vielleicht 2-5 Kugeln kombiniert.
Andererseits könnten sie auch für die Auslosung von Ämtern (unter der Priesterschaft verwendet worden sein, denn viele Richter, Priester oder Grundverteilung wurden offiziell durch Los entschieden.
Eine große Rolle spielten in den Heiligtümern auch erwürfelte Zahlenkombinationen, deren Ziffernfolge und damit Weissagung- sich auf aufgestellten Steintafeln nachlesen liess.
 



Rekonstruktionen von Wohn- und Speichergebäuden der keltischen Ära.
Die Gebäude wurden mit Pfostensetzungen (mindestens) an den vier Ecken errichtet und die tragenden Balken von Dach und Boden mit Holzzapfen verbunden. Die Wände wurden in Flechtwerk aus z.B. Weidenruten mit Lehmbewurf ausgeführt. So wurden Fachwerkbauten bis in die Neuzeit errichtet. Als Dachdeckung dienten unterschiedliche Materialen, wie Schilf, Holzschindeln, vielleicht auch Schieferschindeln.

Links ein Speichergebäude. Die wurden zum Schutz vor Nagetieren meist auf Stelzen errichtet.



Fachwerkverzapfung

ein typischer Backofen, wie er über Jahrtausende errichtet und genutzt wurde

Flechtwände

Eine keltisch-römische Grillstation

Auf dem Martberg hat man sowohl Schmelzöfen für Metalle (Münzprägung, Götterfigürchen, kultische Anhänger, etc.)




als auch Brennöfen für Keramik gefunden.
Eine Tempelanlage wie der Martberg hat natürlich auch ein wirtschaftlich-religiöses Drumherum, nämlich Karden (vicus cardena). Die Geschichte Kardens reicht ebenfalls in die keltische Ära zurück. Erstmals erwähnt als "Cardena" wird Karden im frühen 5. Jahrh. durch den sog. Geographen von Ravenna. Gewiss war schon für die keltische Gründung der Höhensiedlung die günstige Verkehrslage an der Mosel, wo der Hauptverkehrsweg vom Hunsrück zur Eifel den Fluss querte und über die Eifel, durchs Brohltal an den Rhein führte oder umgekehrt von Cardena zum Merkurheiligtum auf dem Kühkopf bei Koblenz.
Bei Karden gab es eine Furt über die Mosel. Wahrscheinlich gab es schon eine Brücke oder zumindest einen regelmässigen Fährbetrieb.

Durch den Ausbau der Tempelanlage während der Römerzeit  wächst der Ort zum "vicus". Der heutige Verlauf der Hauptdorfstrasse entspricht noch heute dem der alten Vicus-Hauptstrasse der Spätantike.
Ausgrabungen wiesen nach, dass der Straßenbelag aus Schieferplatten und Grauwackepflastersteinen bestand, an den sich die mit Platten belegten Gehwege anschlossen.
Die Fahrspur war 3m breit, also so genormt, dass zwei Wagen mit Standardbreite von 1,20m gut aneinander vorbei kamen.
Die Hauptstrasse entlang, wie in allen vicii, zogen sich die Handwerkerwerkstätten und Verkaufsräume.

Das Publikum, das aus religiösen Gründen den Ort aufsuchte, konnte hier alles erwerben, was für die korrekte Ausführung der Kulte auf dem Martberg nötig war. Figürchen, kleine Scheingefässe als Opfer, Gebrauchskeramik für den Tempelbezirk. Allen 20 Brennöfen für Terracottafigürchen wurden gefunden. Moselaufwärts ein Töpferviertel, wo Schwarzfirnisware oder braun marmoriertes Geschirr gefertigt wurde.

Auf dem Martberg hat man vieles gefunden: Fiebeln, rituell verbogene Lanzenspitzen, Schildbuckel und Schwerter, sogar eine in Stein geritzte Sonnenuhr, die genau auf astronomische Position des Martberges berechnet und ausgeführt war. Sie ging also sehr genau. Wahrscheinlich stammt sie noch aus spätkeltischer Zeit.

Besonderes am Martberg: kleine runde Scheiben aus Blei oder Blech. Ein kultischer Münzersatz? Eine "Eintrittskarte" für einen Tempel oder fürs Kulttheater?

In der Mitte zwischen den Tempeln L und M fand man Reste vieler zerschlagener Spiegel. Die üblichen Handspiegel waren leicht gewölbte, bronzene Scheiben mit hohem Zinnanteil, auf einer Seite glänzend poliert mit 6-8cm Durchmesser.  Man hängte sie in den Heiligtümern auf, um die mächtigen Götter nicht direkt betrachten zu müssen. Evtl. wurden auf dem Platz Götterstatuen aufgestellt und mit den Spiegeln kultische Handlungen ausgeführt, bevor die Spiegel rituell zerstört wurden. Spiegelopfer gehörten in den Bereich der Göttin der Schönheit - Aphrodite.

Viele Phallussymbole wurden gefunden. In römischer Zeit ein Glücksbringersymbol, das an Kleidung, an Zaumzeug, etc. getragen wurde. Am Martberg vielleicht die Opfergabe für Potenz oder Kindersegen oder einfach um Glück?

Viele Münzfunde deuten auf eine rituelle Zerschlagung als Opfermünze hin.

Viele Funde zu Götter- und Göttinenfiguren stellen die Museen in Bliesbrück-Reinheim und Trier aus. Auf der nächsten Seite eine Sammlung und Infos zu der sehr freen Religionsausübung im Imperium Romanum.