Aus den bekannten Fakten über Caesars Gallien-Feldzug (57 bis 53 vor Christus) wird gern eine frühe Präsenz der Römer im späteren Kastellstandort abgeleitet. Der Brückenbau des römischen Konsuls und Feldherren zwischen Koblenz und Andernach lässt sich durchaus in einem Zusammenhang mit einer frührömischen Besiedlung des westlichen Rheinufers sehen. In den Quellen lässt sich Koblenz jedoch erst im frühen zweiten Jahrhundert nach Christus nachweisen. Aus dieser Zeit ist der erste spärliche Hinweis auf den frührömischen Siedlungsnamen überliefert – und zwar im Werk von Sueton. Der römische Schriftsteller veröffentlichte um 120 nach Christus seine Kaiserbiografien „De vita Caesarum“ in acht Bänden. Im Teil über Caligula wird „Confluentes“ (die Zusammenfließenden) als Geburtsort des grausamen Imperators genannt. Was dort lag und wie es aussah, bleibt allerdings im Dunkeln. Auch die wenigen Keramikfunde aus frührömischer Zeit helfen bei der Datierung nicht weiter. Und: Das in der Literatur immer wieder gern genannte Kastell auf dem Münzplatz, das angeblich im Jahr 8 vor Christus errichtet worden war, hat es nie gegeben. Das Koblenzer Beispiel zeigt: Wenn es um die Suche nach den Wurzeln antiker Städte geht, sind Historiker mit ihrem Latein am Ende. Sie brauchen die Erkenntnisse aus der Archäologie. Aber was sich in der Theorie so einfach anhört, ist in der Praxis oft schwerer als gedacht. Archäologen arbeiten meistens unter großem Zeitdruck, weil sie in der Regel baubegleitend forschen. Demzufolge können meistens nur punktuelle Erkenntnisse gewonnen werden, die später in mühevoller Kleinarbeit in den großen regionalen und europäischen Kontext einzuordnen sind. Was
haben diese Beispiele mit der frühen Koblenzer
Besiedlungsgeschichte zu tun? Ganz einfach: Sie sind
historische Belege für eine frühe
Geländebeschaffenheit, deren Vorzüge die Menschen
schon lange vor dem Siegeszug der Kelten und der Römer
zu nutzen wussten. Koblenz glich nämlich ursprünglich
einer Inselwelt. Auf den ersten niederländischen
und französischen „Stadtplänen“ des ausgehenden 17.
Jahrhunderts ist die Sandbank an der Moselmündung
noch gut zu erkennen. (Stadtarchiv Koblenz)
Im
Gebiet der heutigen Altstadt gab es mehrere
hochwasserfreie Bereiche, die von natürlichen
Seitenarmen der Mosel umspült waren. Zu den größten
„Inseln“ gehörte die Kernstadt innerhalb der heutigen
Straßenzüge Altengraben, Entenpfuhl und
Kornpfortstraße. Auch der Bereich um die Basilika St.
Kastor war weitgehend hochwasserfrei. Er gehörte zu
einer größeren Landzunge, die sich nach Süden bis auf
die Höhe des heutigen Kurfürstlichen Schlosses
fortsetzte. Die Funde, die in diesem Bereich gemacht
wurden, reichen weit in die Steinzeit zurück. Die
Annahme, dass die Anfänge von Koblenz im Bereich der
heutigen Basilika St. Kastor liegen, sind nicht von
der Hand zu weisen. Auf jeden Fall werden die Indizien
dafür, dass die ersten Koblenzer Siedlungsspuren eher
in der Nähe des Rheins und nicht wie lange angenommen
an der Mosel zu suchen sind, immer dichter. Für die
Annahme spricht ein weiteres Argument: Da das Wasser
in der Deltalandschaft zumindest in den warmen Monaten
nicht besonders tief war, konnten hier leicht die
ersten Flussübergänge für die ersten urgeschichtlichen
Handelswege angelegt oder natürliche Furten genutzt
werden. Für
diese These sprechen auch die steinzeitlichen Funde
wie eine rund 10 000 Jahre alte Geweihhacke (sie ist
der älteste Fund aus dem Innenstadtgebiet) und eine
Steinaxt aus dem dritten Jahrtausend vor Christus, die
als Universalgeräte eingesetzt werden konnten.
Verschwiegen werden soll aber in diesem Kontext nicht,
dass auch auf dem Münzplatz steinzeitliche Funde
gemacht wurden. Sie datieren in die Zeit der frühen
bandkeramischen Kultur und sind rund 7000 Jahre alt.
Auf dem südlichen Sporn der Festung Ehrenbreitstein
hat man vorgeschichtliche Funde gemacht. Dass sich bereits Steinzeitmenschen im heutigen Koblenzer Stadtgebiet aufhielten, ist bereits durch ältere Entdeckungen belegt. In Bisholder und Güls deutete der Fund von Geröllgeräten darauf hin, dass schon vor 800 000 Jahren Menschen in der Gegend lebten. Funde aus dieser Zeit sind jedoch sehr selten. Der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans um das Jahr 10 930 vor Christus bedeutete auch für das Rhein-Mosel-Eck eine Zäsur, so dass aussagekräftige Funde deutlich jünger sind. Derzeit deutet alles darauf hin, dass die
Koblenzer „Inselwelt“ bereits für die Menschen der
Mittel- und Jungsteinzeit eine große Rolle spielte.
Zunächst errichteten sie Jagdstationen, später, als
sie Ackerbau und Viehzucht betrieben, erste Gruben-
und Fachwerkhäuser, deren Spuren sich zum Beispiel
bei den Ausgrabungen im Chorbereich der Kastorkirche
(1989) fanden.
Schon aus diesen wenigen Beobachtungen lässt sich schließen, dass Rhein und Mosel in früheren Zeiten bei Weitem nicht so tief waren wie heute. Es konnte daher vorkommen, dass die Mosel im Sommer so weit austrocknete, dass sie nur noch ein Rinnsaal war. Wahrscheinlich ist, dass es im Flussbett sogar kriegerische Auseinandersetzungen gab. Eine Schlacht ist aus den Quellen auf jeden Fall überliefert: 1198 trafen Truppen des Staufers Philipp I. von Schwaben und des Welfen Otto IV. aufeinander.
Der Alltag zeigt: Auch Archäologen müssen sich außerhalb der Grenzen ihres eigenen Fachs bewegen und interdisziplinär arbeiten. Denn der Fund von Scherben oder Steinwerkzeugen allein sagt gar nichts. Erst mit zusätzlichen Erkenntnissen aus der Geologie lassen sich verlässliche Aussagen über die Anfänge der Besiedlung an Rhein und Mosel ableiten. Denn im Laufe der Zeit hat sich das Koblenzer Stadtbild gravierend verändert – auch an den Flussufern. Ihr heutiges Bild ist das Ergebnis schwerwiegender Eingriffe im 19. Jahrhundert und der Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Man bedenke, dass bereits in den 1870er-Jahren die Mosel ausgebaggert wurde, um die Bedingungen für die Schifffahrt zu verbessern. Und für den Bau des am 31. August 1897 feierlich eingeweihten Kaiser-Wilhelm-Denkmals wurde gleich das gesamte Deutsche Eck (das seinen Namen von der im 13. Jahrhundert gegründeten Niederlassung des Deutschen Ordens hat) aufgeschüttet und verlängert. Im Rahmen dieser großen Eingriffe verschwand
auch die große Sandbank an der Moselmündung, die
quasi die letzte Zeugin einer Deltalandschaft war,
die in urgeschichtlicher Zeit das Gebiet der
heutigen Alt- und Innenstadt prägte und bis in die
Frühe Neuzeit nachwirkte. Stiche des ausgehenden 17.
Jahrhunderts zeigen, dass die Dimension dieser
Sandbank, der "Hundsschwanz" genannt
wurde, nicht unbeträchtlich war. Auch im Rhein
gab es solche Sandbänke. Das wohl bekannteste
Beispiel ist der sogenannte „Kapuzinergrund“, der
ungefähr auf Höhe der heutigen Fähre nach
Ehrenbreitstein lag. Die Römer sollten einmal diese
Sandbank als topografischen Vorteil erkennen und um
das Jahr 49 nach Christus zum Bau ihrer ersten
Rheinbrücke nutzen.
Ist
Koblenz eine keltische Gründung? Die
besondere Topografie im ehemaligen Flussdelta Koblenz
und die Fähigkeit der Kelten, komplexe Siedlungen zu
bauen, legen vor dem Hintergrund der zahlreichen
eisenzeitlichen Funde im Stadtgebiet einen Schluss nahe:
Als die Römer in der Zeit um Christi Geburt an den Rhein
vorstießen, fanden sie eine hoch entwickelte
Zivilisation der Treverer vor. Schon früher, in der
sogenannten Hunsrück-Eifel-Kultur, gab es beachtliche
Leistungen der älteren Keltenstämme. Diese Kultur begann
ungefähr im Jahr 800 und endet um 250 vor Christus. Sie
ist somit Teil zweier Epochen: der jüngeren
Hallstattzeit und der La-Tène-Zeit. Befürworter dieser Theorie argumentieren sogar sprachgeschichtlich. Sie leiten den Namen von Koblenz nicht vom lateinischen apud confluentes (bei den Zusammenfließenden), sondern vom keltischen Wort condas ab. Dieses steht für Zusammenfluss und kehrt in dem häufig gewählten Ortsnamen Condate wieder. Die Theorie hat nur einen Haken: Zwar sind die keltischen Sprachen heute als Zweig der indogermanischen Sprachfamilie fassbar, doch heißt das nicht, dass es auch Quellen gibt, die diese Annahme belegen können. Die keltische Kultur lässt sich auch im Koblenzer Raum nur mithilfe der Archäologie erforschen. So wurden bei den Ausgrabungen in der Nähe des Deutschen Ecks Gehöftareale untersucht, die in die Zeit vom 7. bis zum 3. Jahrhundert vor Christus datieren. Ähnliche Befunde gab es in der Rheinstraße, zwischen Florinspfaffengasse und Kornpfortstraße sowie südlich des Münzplatzes. Am Wöllershof entdeckten Archäologen sogar Reste eines spätkeltischen Brennofens. Aus den genannten Funden und Befunden ergibt sich eine Reihe von Indizien, die für eine ausgedehnte Handels- und Handwerkersiedlung im Bereich der heutigen Innenstadt sprechen. Allerdings dürfte dieses Areal nicht dicht bebaut gewesen sein. Archäologen gehen heute von einer Ansammlung von Gehöften sowie frei stehenden Fachwerkhäusern und Grubenhäusern aus, die auf den hochwasserfreien „Inseln“ im Flussdelta errichtet wurden. Dieses Bild findet im Umland zahlreiche Entsprechungen. Vor allem in der Eifel legen Mitarbeiter der Direktion Archäologie immer wieder Grundrisse und Abfallgruben von Siedlungen frei. Einige dieser Anlagen, darunter auch Koblenz, haben eine Platzkontinuität, die weit in das Neolithikum zurückreicht. Hinweise
auf vorkeltische Kulturen haben sich bis heute in
einsilbigen Ortsnamen wie Thür oder Trimbs erhalten.
Welche Völker vor den Kelten in der Region (in der es
damals deutlich milder war als heute) lebten und wie sie
sprachen, ist heute unbekannt. Daran ändert auch die
Tatsache nichts, dass am Mittelrhein zahlreiche Funde
aus der Bronzezeit (1800 bis 1200 vor Christus) gemacht
wurden. Und: In Koblenz handelt es sich überwiegend um
sogenannte Weihefunde, die im Bereich der Flussfurten
gemacht wurden. Bedeutende Fundstätten Beide Epochen tragen den Namen zweier zentraler Fundstätten, die nicht nur zum Inbegriff der keltischen Kultur wurden, sondern auch die Leitfossilien für die Datierung archäologischer Funde lieferten. Während die Hallstattzeit von einem keltischen Gräberfeld bei Hallstatt im österreichischen Salzkammergut abgeleitet wird, geht die La-Tène-Zeit auf einen gewaltigen Waffenfund beim schweizerischen La Tène am Neuenburger See zurück. Aus der älteren und jüngeren Eisenzeit sind eindrucksvolle Plätze erhalten: Befestigte Fürstensitze wie der Glauberg in der Wetterau, Adelsgräber wie das berühmte Hügelgrab des Keltenfürsten von Hochdorf im Kreis Ludwigsburg (beide um 500 vor Christus) oder die berühmte Siedlung von Manching bei Ingolstadt sind nur einige der vielen herausragenden Beispiele. Allein im sogenannten Oppidum Manching lebten im 1. Jahrhundert vor Christus bis zu 10 000 Menschen. Sie arbeiteten fast unter industriellen Bedingungen. Denn die Kelten waren Meister der Metallurgie, des Handwerks und des Handels. Zeugnisse der keltischen
Hochkultur sind auch aus der Region Mittelrhein
überliefert. Berühmt wurden die Wagengräber von Bell
im Hunsrück, Kärlich und Lonnig aus der Zeit um 600
vor Christus und der kreisrunde Goloring bei
Kobern-Gondorf, der heute als Kultstätte interpretiert
und in die Jahre von 800 bis 250 datiert wird. Ferner
dokumentieren die in den Grabhügeln der Region
entdeckten etruskischen Schnabelkannen aus Bronze weit
reichende Handelsbeziehungen. Funde von
Transportgefäßen zeigen, dass sogar Wein aus dem
Rhonetal importiert wurde. Der ausgeprägte Fernhandel
machte die Gründung von Handels- und
Handwerkssiedlungen erforderlich. Die Funde aus
Koblenz könnten ein Beleg dafür sein, dass das an
wichtigen urgeschichtlichen Handelsrouten gelegene
Flussdelta (siehe Teil 1) schon damals eine wichtige
Rolle spielte. Aufbruch nach Klimawandel Wir wissen heute, dass die späte Urnenfelderzeit den Siegeszug des Eisens einleitete. Wer die Kunst beherrschte, aus dem spröden Material Waffen herzustellen, die härter als Bronzeschwerter und Pfeile waren, hatte im Konfliktfall die schärferen Argumente. Galten die späte Bronzezeit und die frühe Urnenfelderzeit noch als friedlich, wurden spätere Phasen konfliktreicher. Denn ganz Europa war in Bewegung. Im Falle der Philister hat der Prähistoriker Wolfgang Kimmig (1910–2001) genau rekonstruiert, wie weit eine Völkerwanderung führen konnte: Wahrscheinlich vom Balkan kommend, siedelte sich dieses Volk bereits um 1200 vor Christus in Palästina an. Die Philister und auch die Seevölker im Süden sind somit Protagonisten der Verwerfungen, die sich schließlich bis in den süddeutschen Raum und dann weit darüber hinaus auswirken sollten. In der späten Urnenfelderzeit werden auch die Protokelten fassbar. Dieses Volk wird in unserer Region in der Laufelder Kultur fassbar, die für die Epoche zwischen Urnenfelderzeit und Hunsrück-Eifel-Kultur steht. Neben ihrer überlegenen Kultur brachten die Kelten aber auch grausame Bräuche mit. So standen die eisenzeitlichen Stämme nicht nur für Menschenopfer für ihre Gottheiten, sondern auch für makabre Schädelkulte, die es auch noch im 1. Jahrhundert vor Christus gab. Ihren Feinden schlugen sie die Köpfe ab und hefteten sie mit groben Nägeln an ihre Hütten. Davor hatten sogar die römischen Legionäre Angst. Am Ende halfen weder Mut noch Grausamkeit. Nach Cäsars Gallien-Feldzug mussten sich die Kelten Rom beugen – auch wenn sie weiter die Bevölkerungsmehrheit bildeten. Die damals in unserem Raum lebenden Treverer orientierten sich ebenfalls an der neuen „römischen Leitkultur“. Für das romanisierte Koblenz brach eine ganz neue Zeit an. Die Siedlung wurde Teil eines Weltreichs. Im Gallischen
Krieg gegen die Germanen erreichten römische Truppen
unter Julius Caesar 55 v. Chr. den Rhein und
errichteten zwischen Koblenz und Andernach einen
ersten Rheinübergang. Zu dieser Zeit siedelten hier
die Treverer, die die gesamte Moselregion
beherrschten. Die typisch keltischen Fachwerkbauten
sind in der Region nur schwer nachweisbar, jedoch sind
Siedlungsspuren und Eisenverhüttung schon zu
vorrömischer Zeit nachweisbar. Auch das ursprüngliche
Wege- und Handelsnetz stammt aus keltischer Zeit und
wurde von den Römern später ausgebaut. In Koblenz selbst reichen Siedlungsreste in der Nähe des heutigen Münzplatzes bis ins ausgehende erste vorchristliche Jahrhundert zurück. Koblenz zählt somit zu den ältesten Städten Deutschlands. Vermutlich in spättiberisch-frühclaudischer Zeit wurde dann irgendwo am Moselufer ein Kastell zur Sicherung der Rheinstraße Mainz-Köln-Xanten erbaut. Die Römer nannten ihre Ansiedlung „Apud Confluentes“, was so viel wie „Bei den Zusammenfließenden“ bedeutet. Die Siedlung gehörte seit etwa 85 n. Chr. zu der neu gegründeten römischen Provinz „Germania Superior“. Römische Brücken wurden über Rhein und Mosel errichtet. Eine ca. 350 Meter lange Pfahlbrücke über den Rhein wurde um 49 n. Chr. zwischen dem heutigen Ehrenbreitstein und der Koblenzer Rheinseite erbaut. Sie bestand aus ca. 650-750 Eichenstämmen mit eisernen Spitzen, so genannte Pfahlschuhen, von denen 51 bis heute erhalten geblieben sind. Die Moselbrücke, 50 m neben der heutigen Balduinbrücke gelegen, wurde als Teil der römischen Rheintalstraße erbaut. Koblenz, mit einer Fläche von
5,8 ha ummauerter Stadt, war wahrscheinlich keine
Garnisonsstadt, aber Stützpunkt der Rheinflotte, um
die Heerstrasse über die Moselbrücke zu schützen. Ende des 1./Anfang des 2. Jahrhunderts wurde ein Auxiliartruppenkastell in Niederberg zum Schutz des römische-obergermanischen Limes errichtet. Um 259/260 wurde das rechtsrheinische Bereich nach einer verheerenden fränkischen Offensive wieder geräumt. Nach dem Fall des Limes wurde der Bereich der heutigen Altstadt mit einem mächtigen Mauerring versehen. 355 wurde die Stadt erobert und geräumt, wahrscheinlich im Zusammehang mit der Ursupation des Silvanus 355. Den Barbarenssturm von 406/407 hat die Stadt anscheinend unbeschadet überstanden. Beim Abzug der römischen Truppen im 5. Jahrhundert wurden Rhein- und Moselbrücken zerstört. Bis heute zeugen Mauerreste und Straßenzüge in der Koblenzer Altstadt von der spätrömischen Befestigung. Die heutige Löhrstrasse war die
„Römerstrasse“, die von Mainz nach Koblenz (85 KM = 36
Leugen) und weiter nach Köln führt, sie geht über
die Römerbrücke (aus lothringischem Kalkstein)
nach Lützel, weiter über die alte Andernacherstr. nach
Antunnacum, Rigomagus, Bonna und Colonia und über
verschiedene Wege über Rübenach und Metternich in die
Eifel. Da die damalige wie heutige
Hauptstraße, die Hunsrückhöhenstrasse, über den
Hunsrück der Haupthandels- und Reiseweg war, liegt
ganz logisch oberhalb von Koblenz im heutigen
Stadtwald unweit der B 327 eine Tempelanlage für den
römischen Merkur und die gallisch-keltische Rosmerta.
Dort gefundene römische Münzen belegen eine Nutzung
der Anlage bis in das 5. Jahrhundert. Am Remstecken
finden sich Überreste eines römischen Bauernhofes
(Villa rustica), der teilweise ausgegraben und
teilrekonstruiert ist. Vermutlich diente er auch der
Versorgung der Reisenden, von Priestern und Personal,
die den Kultbetrieb am Tempel durchführten. Im Hang direkt oberhalb des
Industriegebietes Mülheim-Kärlich hat man die Reste
einer Römervilla ausgegraben. Wie fast immer - mit
schöner Aussicht auf die Schwemmebene des Neuwieder
Beckens und auf den Feldkirchener Hang (dort die
Mohnclan-Siedlung aus Band 1) oberhalb Neuwied.
Man hatte halt gerne den Überblick. Es hat sich
herausgestellt, dass wohl so in etwa alle 2-5 Km ein
römischer Gutshof in Betrieb war, dessen Fläche von
einer Familie mit Knechten und Mägden zu
bewirtschaften war. |
Merkurstatue Merkur- und Rosmertha-Fries Die
Tempelanlage am Kühkopf ist über den Parkplatz
"Eiserne Hand" an der B 327 erreichbar. Ein gut
ausgebauter Weg führt den Berg hinauf. Hier hat man um die
1900er-Jahrhundertwende einen gallo-römischen
Umgangstempel ausgegraben, wie er für die Region
typisch ist (weitere Funde z. B. auf dem Martberg
bei Pommern/Mosel).
Diese Tempelanlage war Merkur und Rosmertha gewidmet; der Kult vollzog sich nach vorrömischen Religionsgewohnheiten keltischer Prägung. Denn schon vor dem Bau aus römischer Zeit fand man Vorgängerbauten aus Holz und Kultgegenstände aus dem 1. Jahrh. v. Chr. Der Tempel mit den Maßen von ca. 19x19 Metern stand in einem ummauerten heiligen Bezirk (Temenos), dessen Durchmesser ca. 106 m betrug. Der Tempel selbst bestand aus einem quadratischen Zentralbau (Cella), in dem Altar und Götterbildnisse standen. Um den Zentralbau herum lief eine Säulenhalle. Im Tempelbezirk befand sich ein Brunnen und weitere kleinere Gebäude, vielleicht Fundamente für Weihestandbilder. Münzfunde wiesen eine Nutzung der Anlage bis ins 5. Jahrhundert nach. Unterhalb des eigentlichen heiligen Bezirkes wurden Reste einer Siedlung gefunden. Wahrscheinlich Herbergsgebäude für die Pilger, Läden für Opfergaben und Tavernen für die Verpflegung von Tempelpersonal und Besuchern. Wie ein gallo-römischer Tempelbezirk ausgesehen hat, kann man in der Rekonstruktion auf dem Martberg bei Pommern/Mosel erleben. Siehe meine Seite zum Martberg. |
Das Hauptgebäude hatte ca. eine Fläche von 15x12 m. Mehrere Lager- und Wirtschaftsgebäude vervollständigen den Gutshof, der seine Blütezeit im 1. und 2. Jahrhundert erlebte. Während der diversen Barbareneinfälle war er anscheinend nicht bewirtschaftet und ging erst wieder im 4. Jahrhundert bis zum Ende des Römisches Reiches um 450 in Nutzung. |
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Wahrscheinlich eine Doppel-Dörrofenanlage/Backofen |
Rekonstruktion des Grabhügels auf der anderen Seite der B327 |
Bei der Bimsgewinnung
stiess man auf die Grundrisse eines ausgedehnten
römischen Guthofes. Der Gutshof liegt heute
unterhalb der Verbindungsstraße von Bubenheim nach
Mülheim-Kärlich im Hang. Das Gebäude hatte die Maße
70x35 m mit zweiSeitenflügeln und einem Säulengang
(Porticus). Im rückwärtigen Flügel befanden sich die
Küche und Wirtschaftseinrichtungen, in der
Nordostecke ein Badetrakt. Gebäude und Badetrakt
wurden mit Hypokauskaustenheizung erwärmt.
Nebengebäude wie Lager und Stallungen
vervollständigten den Gutshof. Im 1. Jahrhundert
gegründet, im 2. und 3. Jahrhundert ausgebaut, dann
verlassen wohl wegen der diversen Franken- und
Germaneneinfälle zwichen 260 und 300. Gegen 359/360
ganz aufgegeben worden.
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Verschiedene Villen sind im Rheinland und Saarland mehr oder weniger aufwändig rekonstruiert, bzw. die Fundsituation konserviert worden. Bitte auf den Seiten zu Borg, Echternach, Bliesbrück-Reinheim; Bad Neuenahr und Bollendorf weiterlesen. |